Tollwut
Keine menschlichen Todesfälle mehr durch Tollwut bis 2030 – ein erreichbares Ziel
Die Tollwut, wie so manche Zoonosen, stellt vor allem in wirtschaftlich schwächeren Ländern ein grosses Problem für die öffentliche Gesundheit dar. Die grossmehrheitlich von Hunden auf den Menschen übertragene Krankheit führt in diesen Ländern noch allzu oft zum Tod. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich in Anbetracht dieses Umstandes zum Ziel gesetzt, bis im Jahr 2030 keine menschlichen Todesfälle durch von Hunden übertragene Tollwut verzeichnen zu müssen. Das Netzwerk VSF International hilft mit, dieses Ziel zu erreichen.
Die Tollwut ist eine vernachlässigte Zoonose, die jedes Jahr schätzungsweise 59 000 Todesfälle beim Menschen verursacht. 40% der Opfer sind Kinder. Die Tollwut betrifft dabei primär die verletzlichsten und einkommensschwächsten Bevölkerungsgruppen: Die meisten Fälle treten in Afrika und Asien auf, 80% davon in ländlichen Gebieten. Die Übertragung des Tollwutvirus erfolgt hauptsächlich durch einen Biss oder direkten Kontakt (über verletzte Haut oder Schleimhäute) mit dem Speichel eines infizierten Tieres. Hunde sind für 99% der menschlichen Fälle verantwortlich. Die Eliminierung der Tollwut bei Hunden ist daher der Schlüssel zur Eliminierung der menschlichen Tollwut.
Eine teure und vermeidbare Krankheit
Die globale wirtschaftliche Belastung durch die Krankheit wird auf 8,6 Milliarden US-Dollar jährlich geschätzt. Umso wahnsinniger ist diese Zahl, wenn man bedenkt, dass sie relativ einfach zu senken wäre. Denn Tollwutimpfstoffe für Menschen und Tiere – von entscheidender Bedeutung für sämtliche Ausrottungsbemühungen – sind weithin verfügbar.
Durch die Verabreichung dieser sicheren und wirksamen Impfstoffe ist die Krankheit für Menschen und Tiere zu fast 100% vermeidbar. Es gilt hier anzumerken, dass die Sterblichkeitsraten hauptsächlich auf die hohen Behandlungskosten oder den mangelnden Zugang zur Postexpositions-Prophylaxe (PEP) zurückzuführen sind. Hinzu kommt, dass die Mehrheit der Menschen, die dem Virus ausgesetzt sind, sich der Gefahren der Krankheit nicht bewusst sind oder keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben.
Schwierige Umsetzung der WHO-Strategie
Mehrere Länder haben Strategien zur Eliminierung der Tollwut eingeleitet, die im Einklang mit der globalen Strategie der WHO zur Eliminierung der durch Hundetollwut verursachten menschlichen Todesfälle bis 2030 sind. Die Umsetzung dieser Strategien kann sich allerdings aufgrund der begrenzten Ressourcen sowohl für Prävention wie auch Bekämpfung als schwierig gestalten, insbesondere in einkommensschwächeren Ländern.
Trotz dieser Schwierigkeiten soll laut Berechnungen der WHO die Anzahl Länder, welche keine menschlichen Todesfälle durch von Hunden übertragene Tollwut zu verzeichnen haben, bis ins Jahr 2030 stetig steigen. Waren es 2020 erst 80 Länder (47%), sollen es 2030 deren 155 (92%) sein.
Auch in der Schweiz ist Vorsicht geboten
Die Schweiz gilt seit Ende der 90er-Jahre als tollwutfrei – mit Ausnahme von Chiropteren (Fledermäusen). Dr. Benoit Gommersch, Tierarzt in Siders und langjähriger Unterstützer von VSF-Suisse, bestätigt, dass der Krankheit im Alltag der hiesigen Haustierbesitzer keine grosse Bedeutung beigemessen wird. Trotzdem ist auch hierzulande Vorsicht geboten, mahnt Dr. Gommersch und nennt zwei kritische Momente: die Einfuhr eines neuen Haustieres aus dem Ausland und die Reise mit dem eigenen Haustier ins Ausland. In beiden Fällen solle man sich vor dem Vorhaben bei seinem Tierarzt erkundigen, um die Sicherheit aller Beteiligten – Tiere und Menschen – zu gewährleisten.
Wie und wo sich VSF International einsetzt
In Ländern, wo die Tollwut noch ein grösseres Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt als in der Schweiz, ist das Netzwerk VSF International und seine Mitglieder, darunter VSF-Suisse, im Einsatz. Das Netzwerk unterstützt in diesen Ländern seit Jahren die Bemühungen zur Ausrottung der Tollwut. Dabei wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, der auf dem One-Health-Konzept basiert und der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt gleichermassen Rechnung trägt.
Massenimpfungen in Verbindung mit Massnahmen zur Populationskontrolle von Hunden, schnelle Behandlung von Hundebissen, Sensibilisierung der Menschen, sowie Verbesserungen bei der Meldung, Diagnose und Überwachung der Krankheit gehören zu den wichtigsten von VSF international verfolgten strategischen Ansätzen zur Ausrottung der Tollwut.
In enger Zusammenarbeit mit den lokalen Gemeinschaften, Behörden und Institutionen sowie internationalen Organisationen, haben die Mitglieder von VSF International in den vergangenen Jahren die Ausrottungsbemühungen in Südsudan, Kenia, Uganda, Tansania, Malawi, Algerien, Marokko, Indien, Kambodscha, der Tschechischen Republik und Kanada unterstützt.
Seit 2006 hat das Netzwerk so mindestens 340 800 Hunde und Katzen geimpft und über 80 100 Menschen – darunter auch viele Schulkinder – durch Aufklärungs- und Sensibilisierungsmassnahmen zu Tollwutprävention und -bekämpfung sowie Tierschutz erreicht. Darüber hinaus wurden 3200 Fachleute für Tiergesundheit und öffentliche Gesundheit speziell in der Tollwutbekämpfung geschult und mit den notwendigen Materialien ausgerüstet. Ein schöner Nebeneffekt: Einsätze zur Tollwutimpfung konnten darüber hinaus genutzt werden, um bei den Hunden auch Entwurmungen durchzuführen. Dies hat vielerorts dazu beigetragen, die Ausbreitung von zoonotischen Parasiten wie Echinokokken zu reduzieren.
VSF International ist bestrebt, weiterhin seinen Teil zur schrittweisen Ausrottung der Tollwut zu leisten. Gemeinsam können wir das ehrgeizige Ziel der WHO erreichen, bis 2030 weltweit keine menschlichen Todesfälle durch von Hunden übertragene Tollwut mehr beklagen zu müssen.
Bilder: VSF-Suisse
Infografiken: VSF International
Die im Text verwendeten Daten stammen aus Zero by 30: the global strategic plan to end human deaths from dog-mediated rabies by 2030 (WHO, FAO, OIE und GARC, 2018) und Ending the neglect to attain the Sustainable Development Goals: a road map for neglected tropical diseases 2021–2030. Overview (WHO, 2021).
Spendenkonto
PC 30-24633-4
IBAN CH78 0900 0000 3002 4633 4
www.vsf-suisse.org/spenden