Editorial
«Man hört uns nicht immer, aber immer häufiger»
Liebe Tierärztinnen und Tierärzte
Liebe Tierärztliche Praxisassistentinnen und -assistenten
Liebe Leserinnen und Leser
Ist die GST gut aufgestellt? Kann sie den Berufsstand «Tierärztin, Tierarzt» und die entsprechenden Interessen gut und nachhaltig vertreten? Sind wir jemand oder sind wir Nobodies? Einige würden ganz schnell und bestimmt sagen «ja», andere schroff und kategorisch «nein». Als kurz vor der Pensionierung stehender Geschäftsführer nach über acht Jahren Arbeit auf der Geschäftsstelle würde ich mich differenziert äussern, vorsichtig optimistisch: «Man hört uns nicht immer, aber immer häufiger».
Wir sind ein Berufsstand, der die Corona-Krise bis anhin gut meistern konnte, ja zu einem grossen Teil sogar gestärkt aus dieser Krise herausfindet. Nie vorher wurde ersichtlich, wie wichtig ein nationaler Verband, wie wichtig ein funktionierendes Netzwerk und schlanke, aber gut abgestützte Verbandsstrukturen sind. Ist die GST gut aufgestellt? Ja, sehr gut!
In meiner Tätigkeit für diesen Berufsverband habe ich erkannt, dass niemand so sehr an der gesellschaftlichen Anerkennung der Tierärzteschaft zweifelt wie die Tierärztinnen und Tierärzte selbst. Demgegenüber steht eine Wertschätzung seitens der breiten Bevölkerung gegenüber dem Tierärzteberuf, die ich als Nicht-Tierarzt sehr wohl und immer wieder erfahren habe. Dem Grund dieser Diskrepanz nachzugehen ist müssig, entscheidender scheint es mir, auf die Freude am Beruf, auf die Errungenschaften, die aktuelle fachliche Entwicklung und die zukünftigen Herausforderungen zu fokussieren. Dies sprengt natürlich den Rahmen eines Editorials, muss aber immer Leitschnur in der täglichen Verbandsarbeit sein. Nicht Aktionismus ist gefragt, sondern kontinuierliche Arbeit, Reflexion, Kommunikation (nicht nur Information) und Offenheit. Es gilt Ideen und Konzepte zu verwirklichen, nicht Personen.
Ich teile eine grosse Wertschätzung gegenüber der etwas älteren Generation, welche mit enormem Engagement und Zeitaufwand diesen Beruf weiterentwickelt hat. Die Herausforderungen waren zahlreich, seien es demografische, strukturelle, fachliche, verwaltungstechnische oder juristische. Und ich habe eine sehr gute Meinung über und viel Hoffnung auf die jüngere Tierärztinnen- und Tierärzte-Generation. Eine Generation, die so gut ausgebildet ist wie noch nie, die weiss, was sie will, die ihre Rechte kennt und dafür einsteht. Die Eigenschaften des Pioniergeistes einerseits, verknüpft mit einer stärkeren Affinität, den Beruf in einen sich stark verändernden gesellschaftlichen und (land-)wirtschaftlichen Kontext zu stellen andererseits: Das ist das Potential der Tierärzteschaft, mit dem kommenden Strukturwandel umzugehen, die Integration von anderen Berufsfeldern in die Tiergesundheitsbranche zu fördern oder die Digitalisierung unserer Berufswelt nicht nur gewinnorientiert, sondern auch menschlich zu gestalten.
Ich verabschiede mich mit diesem Editorial von den Tierärztinnen und Tierärzten, die mit so viel Engagement und Herzblut ihren Beruf, ihre Berufung ausüben, seien das Praktizierende, Fachleute im Labor, an der Universität, bei den Gesundheitsdiensten, in Bundesämtern, kantonalen Ämtern, an den Fachhochschulen, in Instituten, bei Verbänden, in Sektionen, in der Forschung oder der Industrie.
Ich habe am 1. März 2013 eine Stelle angetreten und verlasse Mitte 2021 eine Gesellschaft von Menschen. Und Kolleginnen und Kollegen auf der Geschäftsstelle, denen ich sehr viel zu verdanken habe. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, für diesen Berufsstand zu arbeiten. Dafür danke ich euch allen.
Herzlich
Peter Glauser, Geschäftsführer der GST