Journal Schweiz Arch Tierheilkd  
Verlag GST  
Heft Band 161, Heft 5,
Mai 2019
 
ISSN (print) 0036-7281  
ISSN (online) 1664-2848  
online seit 03 Mai 2019  
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Vet-Info

Digitalisierung und Vernetzung von ­Gesundheitsdaten in der Schweine­branche: eine Bedarfserhebung bei Schweinehaltenden und Tierärzten

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Die rasante Entwicklung bei der Digitalisierung von Daten macht auch vor der Landwirtschaft nicht Halt. Digitalisierung kann zur Stärkung der Tier­gesundheit im Bestand beitragen. Eine systematische Nutzung und Auswertung von Gesundheitsdaten ist insbesondere für ein effizientes Betriebs- und Herdenmanagement sowie die Früherkennung von Gesundheitsstörungen sehr wertvoll.

Deshalb wurden vom VPH-Institut im Auftrag des BLV die Meinungen und Bedürfnisse von Schweinehaltenden und Tierärzten bezüglich einer systematischen Erfassung und Nutzung von Gesundheitsdaten in Schweinebeständen mittels Fragebogen eingeholt.

Der Fragebogen umfasste Fragen zu Demografie und Praxisstruktur, bisheriger und zukünftig gewünschter Datennutzung, sowie der Vorstellung, wie eine mögliche systematische Erfassung und Nutzung von Gesundheitsdaten aussehen sollte. Die Online-Fragebögen wurden von August bis September 2018 vom BLV an ca. 6600 Schweinehaltende sowie von der GST und der SVSM an ca. 3000 bzw. 300 Tierärztinnen und Tierärzte verschickt. Es gab Rückmeldungen von 783 Schweinehaltenden und 40 Schweine-Tierärzten.

Tierärzte überwiegend positiv ­eingestellt

Alle 34 Tierärzte, die diese Frage des Fragebogens beantwortet haben, gaben an, elektronische Geräte zur Datenerfassung zu nutzen. Die meisten nutzen einen Computer oder Laptop, ein Drittel zusätzlich ein Smartphone oder Tablet. 5 von 34 Tierärzten (15%) erfassen den Gesundheitszustand systematisch nach Protokollen der Schweinegesundheitsdienste, und 19 von 33 (58%) nutzen das elektronische Behandlungsjournal (EBJ). Von ihnen geben 14 (77%) auch selbst Daten für ihre Kunden in das EBJ ein (z.B. Medikamentenabgaben oder Behandlungen).

Auch die meisten Schweinehaltenden nutzen elektronische Geräte zur Eingabe von Gesundheitsdaten. Nur 22% gaben an, kein elektronisches Gerät zu benutzen. Knapp 10% erfassen den Gesundheitszustand systematisch, wobei davon 31% das EBJ nutzen.

Einer systematischen digitalen Erfassung und Nutzung von Gesundheitsdaten sehen Tierärzte eher optimistisch entgegen: 60% sehen einen Nutzen, 25% sind noch unsicher und nur 15% sind eher abgeneigt. Die Schweinehaltenden teilen diese drei Einstellungen zu je einem Drittel. Von den Schweinehaltenden sehen diejenigen am häufigsten einen Nutzen, welche bereits Daten systematisch erfassen und diese nutzen, Mitglied in einem der Schweinegesundheitsdienste sind, innerhalb der Schweinegesundheitsdienste an einem Bonusprogramm teilnehmen und das EBJ verwenden, einem Ringbetrieb angeschlossen sind und/oder für ein Label (ausser Bio) produzieren.

Tierärzte wünschen sich allgemein viele Daten in einem Netzwerk integriert, um diese systematisch zu erfassen und zu analysieren: Über 75% möchten 6 oder mehr der 12 im Fragebogen aufgezählten bereits existierenden Datenquellen in einem Netzwerk integrieren (Median = 8). Am häufigsten genannt werden das EBJ sowie Daten von PathoPig, Sauenplanern und Diagnostiklaboren. Schweinehaltende möchten generell weniger Datenquellen in einem solchen Netzwerk vereinen (Median = 2). Am häufigsten genannt wurden dort Daten aus der Tierverkehrsdatenbank (TVD), dem EBJ und Schlachtauswertungen.

Tierärzte wünschen sich auch Datenquellen, die sie bisher noch nicht regelmässig verwenden. Sie scheinen sich also einen Mehrwert aus den zusätzlich verfügbaren Daten zu erhoffen. Über 80% sind motiviert, eine systematische Erfassung von Daten zu unterstützen, um dank der Auswertung dieser Daten eine verbesserte Bestandsbetreuung durchführen zu können. Allerdings denken nur 57%, dass sie diese Datenerfassung als zusätzliche Dienstleistung den Kunden verrechnen können.

Die Schweinehalter wünschen sich vor allem jene Datenquellen in einem Netzwerk integriert, die sie bereits nutzen. Dies lässt die Vermutung zu, dass sie sich hauptsächlich eine Reduktion des administrativen Aufwandes durch die Eingabe aller Daten an nur einem Ort erhoffen.

Die Möglichkeit des Benchmarkings (Vergleich der eigenen Leistung mit der von anderen) wird sowohl von Tierärzten als auch von Schweinehaltenden zurzeit als wenig wichtig angesehen (bei beiden ca. 45%).

Effektivere Bestandesbetreuung dank systematischer Datenerfassung und -auswertung

Tierärzte sind überwiegend positiv gegenüber einer ­systematischen Datenerfassung und -auswertung ein­gestellt. Diese Motivation sollte unbedingt genutzt ­werden, um eine datengestützte, effektivere Bestandsbetreuung anbieten zu können. Daneben muss auch mehr Bewusstsein geschaffen werden, dass Arbeiten wie die Datenerfassung und -analyse für die Landwirte einen Mehrwert bieten und von diesen bezahlt werden müssen.

Unter den Schweinehaltenden sehen vor allem diejenigen einen Vorteil, welche bereits regelmässig mit elek­tronischen Daten arbeiten. Durch die zunehmende Verwendung des EBJ können sich die Schweinehaltenden an eine systematische, digitale Datenerfassung gewöhnen und erkennen dadurch den Nutzen von Auswertungen solcher Daten für die Optimierung des Herdenmanagements.

Beide Gruppen, Bestandstierärzte wie Schweinehaltende, sollten sich den Nutzen von Benchmarking stärker bewusstmachen. Ein Benchmarking bietet die Möglichkeit, den eigenen Betrieb bzw. die Praxis im Vergleich zu anderen besser einzuordnen und Optimierungspotentiale zu erkennen.

Wichtig ist die gegenseitige Unterstützung von Bestandestierärzten und Schweinehaltenden bei der Zusammenarbeit. Dabei ist entscheidend, dass der Datenschutz und die Datenverwendung klar geregelt und transparent sind.

Brian Friker
Tierarzt und Resident am Veterinary Public Health
Institute, Vetsuisse Fakultät, Universität Bern
brian.friker@vetsuisse.unibe.ch

Grafik: Das Diagramm zeigt die Häufigkeit, mit der die entsprechenden Datenquellen von Tierärzten bzw. Schweinehaltern für eine Vernetzung und gemeinsame Auswertung gewünscht werden.
 
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