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Stärkung der Schweinegesundheit durch Förderung der Bestandsdiagnostik: das Pilotprojekt «ZoE-BTA»

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Bestandserkrankungen sind ein häufiges Problem in Schweinehaltungen. Eine gezielte Diagnostik kann entscheidend zur Lösung beitragen. Dafür wählt der/die Bestandstierarzt/ärztin1 typisch erkrankte Tiere aus, die dann stell­vertretend für den ganzen Bestand untersucht werden. So kann von diesen Tieren auf die Erkrankungsursache im Bestand geschlossen und die richtige Behandlung gewählt werden.

Das Pilotprojekt «ZoE-BTA»

Bereits seit 2014 unterhält das BLV das Programm ­«PathoPig». Darin wird die Einsendung von Schweinen zur Sektion an spezialisierten Untersuchungseinrichtungen für Tierpathologie finanziell unterstützt. Das Programm wird auch in diesem Jahr in gleicher Form wie in den Vorjahren fortgeführt (Rahmenbedingungen siehe Kasten). In gewissen Fällen kann es aber auch sinnvoll sein, dass ein speziell dafür weitergebildeter Bestandstierarzt direkt im Bestand tote Schweine eröffnet und ­Proben entnimmt, die er dann für weiterführende Untersuchungen an ein Labor versendet. Eine solche «Ziel­orientierte Entnahme von Proben» (ZoE) durch den Bestandstierarzt kann die Diagnostik an spezialisierten Sektionseinrichtungen sinnvoll ergänzen. Dies gilt

  • bei einfachen Fällen, für deren Abklärung voraussichtlich keine ausführliche Sektion nötig ist.
  • wenn der Tiertransport an eine Sektionseinrichtung aus logistischen oder zeitlichen Gründen nicht möglich ist oder zu lange dauern würde.

Um diesen Diagnostikprozess zu stärken, hat das BLV im Januar 2019 das Pilotprojekt «Zielorientierte Ent­nahme von Proben durch den BestandesTierArzt»
(«ZoE-BTA») lanciert, das voraussichtlich bis Herbst 2020 dauern wird.

Der Projektablauf

Für das Pilotprojekt konnten 13 Tierärzte rekrutiert werden, die das Fertigkeitszeugnis «Integrierte Tierärztliche Bestandsbetreuung – Zielorientierte Entnahme von Proben PLUS (Schwein) GST» nach erfolgreicher Teilnahme an Kursen der Schweizerischen Vereinigung für Schweinemedizin (SVSM) erlangt haben. Im Rahmen dieser Weiterbildung haben sie spezifische Fachkenntnisse in der zielorientierten Probenentnahme im Schweinebestand, der Initiierung weiterführender Untersuchungen an adäquatem Probenmaterial sowie der Interpretation dazugehöriger Laborbefunde erworben. Diese Pilot-Tierärzte können in Schweinebeständen mit definierten Bestandsproblemen für die Durchführung der zielorientierten Entnahme von Proben und deren weiterführende Laboruntersuchung eine finanzielle Unterstützung durch das BLV beantragen (Rahmenbedingungen siehe Kasten). Als Gegenleistung dokumentieren sie systematisch die Resultate ihrer Bestandsabklärung inkl. Massnahmen und Empfehlungen sowie die Wirkung der umgesetzten Massnahmen im Schweinebestand und stellen diese Informationen dem BLV zur Verfügung. Dort werden die Fallberichte wie bei PathoPig in einer Datenbank gespeichert und unter Berücksichtigung des Datenschutzes auf nationaler Ebene ausgewertet. Das BLV stellt die anonymisierten Auswertungen im Sinne eines nationalen Gesundheitsmonitorings allen Stakeholdern zur Verfügung.

Die anonymisierten Fallberichte der Pilot-Tierärzte werden ausserdem in regelmässig stattfindenden Arbeitskreisen unter Leitung der Schweinekliniken Bern und Zürich besprochen, so dass die Pilot-Tierärzte dadurch ihre Fachexpertise weiter stärken können.

Der genaue Projektablauf ist in der Abbildung 1 dargestellt.

Ziel des Pilotprojektes «ZoE-BTA» ist es, die Bestandsbetreuung und Bestandsdiagnostik im Schweinebestand zu fördern. Dies einerseits mittels Erhöhung der Expertise und Routine der Tierärzte in Bestandsdiagnostik und andererseits durch Verbesserung des Diagnostik­angebots in den Schweizer Laboren. Im Rahmen der Projektevalua­tion soll dabei untersucht werden, ob die Kurse für das Fertigkeitszeugnis den Tierärzten die nötige Fachkompetenz für die ZoE vermitteln, und ob die ZoE zu einer verbesserten Bestandsdiagnostik und Tiergesundheit im Bestand beiträgt. Die Evaluation wird im Rahmen der Arbeitskreise und durch Umfragen unter den Pilot-Tierärzten, beteiligten Tierhaltern und Laboren durchgeführt.

ZoE-BTA: Nutzen für Tierärzte und Schweinehalter

Pilot-Tierärzte können ihren Kunden im Rahmen des Projektes eine fundierte und kostengünstige Bestandsdiagnostik und -betreuung anbieten. Dadurch kann der Gesundheitszustand der Tiere verbessert sowie der Antibiotikaeinsatz im Schweinebestand optimiert und reduziert werden. Dies ist ganz im Sinne der «Nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen» (StAR).

Das Projekt stärkt die Expertise der Pilot-Tierärzte in Bestandsdiagnostik und -betreuung; nicht nur durch Förderung der Routine in der ZoE, sondern auch durch die intensive fachliche Begleitung durch klinische und paraklinische Fachexperten der Vetsuisse-Fakultät in
den angebotenen Arbeitskreisen. Zwischen den Ter­minen der Arbeitskreise erhalten die Pilottierärzte bei Fragen fortlaufend Unterstützung über eine Telefon-Hotline der Schweinekliniken.

Durch gezielte Nachfrage und Identifizierung aktueller Bedürfnisse nach Labordiagnostik kann das Projekt auch zu einer Verbreiterung und einem stärker am aktuellen Bedarf ausgerichteten Diagnostikangebot an Schweizer Laboren beitragen.

Die regelmässige Auswertung der ZoE-Falldatenbank liefert im Zusammenspiel mit PathoPig einen guten Überblick über die allgemeine Gesundheitslage in der Schweizer Schweinepopulation. Dadurch können durch das Beobachten von Trends und auffälligen Mustern neue Krankheiten oder Tierseuchen frühzeitig erkannt und rechtzeitig Massnahmen ergriffen werden.

Förderung der Bestandsdiagnostik

Mit dem Pilotprojekt «ZoE-BTA» soll die Bestandsbetreuung und Bestandsdiagnostik in Schweinebeständen noch weiter gefördert werden. So stehen im Rahmen des Pilotprojekts ausgewählten Bestandstierärzten mit der ZoE im Bestand zusätzlich zur Sektion an spezialisierten Sektionseinrichtungen («PathoPig») zwei sub­ven­tionierte Methoden der weiterführenden Bestands­diagnostik zur Verfügung. Je nach Sachlage können die Pilot-Tierärzte entscheiden, ob eine ZoE vor Ort oder eine Einsendung des ganzen Tieres zur Sektion sinnvoller ist.

Im Herbst 2020 wird der Evaluationsbericht zum Pilotprojekt «ZoE-BTA» zeigen, ob und in welchem Ausmass die Durchführung von ZoE im Schweinebestand durch einen fachkundigen Bestandstierarzt zur Förderung der Bestandsdiagnostik beiträgt. Basierend auf den Resultaten der Evaluation wird das BLV über eine Weiterführung des Projekts «ZoE-BTA» entscheiden.

Weiterführende Informationen:

  • ZoE-BTA: www.blv.admin.ch > Tiere > Tiergesundheit > Früherkennung > ZoE-BTA
  • PathoPig: www.blv.admin. >Tiere > Tiergesundheit > Früherkennung > PathoPig
  • StAR: www.blv.admin.ch >Tiere > Tierarzneimittel > Antibiotika > StAR
    R-ITB - ZoE PLUS Schwein: www.svsm.ch > Bildung > ITB > ITB - ZoE PLUS Schwein

Korrespondenz

Dr. Christina Nathues, Dipl. ECVPH
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Früherkennung & Überwachung Tiergesundheit
christina.nathues@blv.admin.ch

Daniela Hadorn Schneider, Dr. med. vet.
Leiterin Fachbereich Früherkennung & Überwachung Tiergesundheit
daniela.hadorn@blv.admin.ch

Eidgenössisches Departement des Innern EDI
Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV
Abteilung Tiergesundheit
Schwarzenburgstrasse 155
3003 Bern
www.blv.admin.ch

Abbildung 1: Prozessablauf im Projekt ZoE-BTA

Rahmenbedingungen für «ZoE-BTA»

(diese gelten analog auch für «PathoPig»)

Zielgruppe:
Alle Schweinehaltungen mit Bestandsproblemen, die mindestens eines der nachfolgenden Probleme auf­weisen:

  • erhöhte Erkrankungs- oder Abgangsraten
  • aussergewöhnliche Symptome
  • erhöhter Einsatz von Antibiotika
  • häufig wiederkehrende therapieresistente Probleme unbekannter Ursache.

Kostenübernahme:

  • Das BLV übernimmt pro Betrieb und Jahr die Diagnostik-Kosten für eine Abklärung von bis zu CHF 500.– pro Bestandsproblem, folgendermassen aufgeteilt für Kategorie Saugferkel bis Mastschwein:
  • für ein eröffnetes Tier*: max. CHF 200.–
    (inkl. Laboruntersuchungskosten)
  • für zwei eröffnete Tiere: max. CHF 400.–
    (inkl. Laboruntersuchungskosten)
  • für drei eröffnete Tiere: max. CHF 500.–
    (inkl. Laboruntersuchungskosten)
  • Für Muttersauen und Eber werden max. CHF 400.– pro Tier übernommen (inkl. Laboruntersuchungskosten), aber max. CHF 500.– pro Abklärung.
  • Bei einer anderen Bestandsproblematik kann der Bestand ein zweites Mal abgeklärt werden.
  • Abweichungen von obigen Bedingungen sind nach vorgängiger Absprache mit dem BLV möglich.
  • Es ist zulässig, in einem Bestand pro Bestandsproblematik eine Abklärung über ZoE-BTA und eine Abklärung über PathoPig durchzuführen. Diese schliessen sich gegenseitig nicht aus.

* Es empfiehlt sich, wenn immer möglich, zwei oder drei Tiere zu eröffnen, um das Bestandsproblem umfassend abklären zu können.

1 Der besseren Lesbarkeit wegen wird im übrigen Artikel die männliche Form verwendet, sie bezieht sich auf Personen beiderlei Geschlechts.