Journal Schweiz Arch Tierheilkd  
Verlag GST  
Heft Band 158, Heft 8,
August 2016
 
ISSN (print) 0036-7281  
ISSN (online) 1664-2848  
online seit 03 August 2016  
SAT archive search
Extended search

Verbandsnachrichten

Generalversammlung der FVE vom 3. und 4. Juni 2016 in Marche-en-Famenne (BE)

Antibiotikaresistenz und Zukunft des Berufs als zentrale Themen

www.fve.org
www.gstsvs.ch/international

Das Europaparlament hat die wichtigsten Änderungsanträge der Federation of Veterinarians of Europe (FVE) zum Verordnungsentwurf über Tierarzneimittel und Arzneifuttermittel angenommen, darunter auch denjenigen betreffend Entkopplung. Dies bedeutet, dass den europäischen Tierärzten der Verkauf von Medikamenten nicht untersagt wird, wie es im ersten Entwurf vorgesehen war. Der Verordnungstext muss nun noch vom Rat angenommen werden.

Antibiotikaresistenz und Tierwohl

Anlässlich der letzten Generalversammlung nahmen die FVE-Mitglieder mit Genugtuung zur Kenntnis, dass mehrere eingereichte Änderungsanträge zum europäischen Verordnungsentwurf über Tierarzneimittel und Arzneifuttermittel angenommen wurden. So fand beispielsweise der Antrag Gehör, dass alle Antibiotika nach einer klinischen Untersuchung und einer Diagnose auf Rezept erhältlich sein sollen. Des Weiteren soll der Online-Verkauf von Antibiotika sowie von psychotropen und immunologischen Arzneimitteln verboten werden, ebenso deren massenweiser Einsatz zur Prophylaxe oder Metaphylaxe. Ausserdem wird der Verordnungstext die Möglichkeit vorsehen, den Einsatz kritischer Antibiotika durch Tierärzte zu unterbinden. Tierärzten sollen zudem keine finanziellen Vorteile mehr von Unternehmen gewährt werden, die Antibiotika verkaufen und vertreiben.

Die FVE hat eine Stellungnahme zu Kokzidiostatika verfasst. Diese können, obwohl sie rechtlich gesehen als Nahrungsmittelergänzung gelten, als Rückstände in Futtermitteln vorhanden sein und die Entwicklung von Resistenzen fördern. Die FVE ist der Ansicht, dass Kokzidiostatika in die Kategorie der rezeptpflichtigen Arzneimittel gehören, und schlägt eine entsprechende Änderung der rechtlichen Grundlagen vor. Dank dem Engagement und der Lobbyarbeit der FVE sieht die Europäische Kommission von einem Verbot von Colistinen in der Tiermedizin ab.

«Tiere sollten dann behandelt werden, wenn sie krank sind»

Die Tierärzte möchten, dass das Tierwohl gewährleistet ist, und befürworten einen sinnvollen und gezielten Einsatz von Antibiotika. Die FVE schlägt in ihrer letzten Stellungnahme, die den Delegierten vorgestellt wurde, fünf Ansätze für die Tierhaltung vor, um die Menge verabreichter Antibiotika zu senken. Doch parallel zum Monitoring (Registrierung von Antibiotikaverbrauch und -resistenzen) sollen auch die Parameter Tiergesundheit und Tierwohl erfasst werden. Dazu gilt es zuverlässige Indikatoren zu bestimmen sowie den Zusammenhang zwischen tierfreundlicher Haltung und einem verminderten Antibiotikaeinsatz aufzuzeigen.

Neue Herausforderungen für den Berufsstand: Praxisketten und Insektenzucht

Während der zwei Tage, an denen auch die Schweizer Delegation anwesend war, wurden die nachhaltige Entwicklung und die Zukunft des Berufsstands intensiv diskutiert. Der Markt für Tierärzte ist im Wandel begriffen, dies insbesondere durch den gestiegenen Frauenanteil in diesem Beruf, aber auch durch die Entwicklungen im Hinblick auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier und das Verhalten von Tierhaltern. Am Beispiel der Hundepopulation und ihrer Entwicklung (Gewicht und Grösse der Hund nehmen ab, es gibt mehr Hunde ohne Stammbaum, der illegale Welpenhandel boomt, Tierheime importieren Hunde) zeigt sich deutlich, dass die Erwartungen von Haustierhaltern steigen (pet health care = human health care). Daher nimmt beispielsweise auch die Zahl von «Tierarztpraxen», die sich in Einkaufszentren befinden oder Zoohandlungen angeschlossen sind, zu. Gemeinschaftspraxen von Tierärzten, dies sich zusammengeschlossen haben, und Praxisketten (Konzerne) gewinnen zusehends an wirtschaftlicher Bedeutung und bieten diversen Praxen und Tierärzten neue Möglichkeiten. Die Tiermedizin ist für Investoren von Interesse. Und während diese Form von Praxen vor einigen Jahren noch Ängste auslöste, muss man zugeben, dass sich diese in Nordeuropa und in England (ebenso in den Vereinigten Staaten) inzwischen erfolgreich etabliert hat. Dennoch gilt es darauf zu achten, dass den Arbeitsbedingungen und der Berufsethik angemessen Rechnung getragen wird.

Eine weitere Herausforderung für den Berufsstand bringt das Wachstum der Weltbevölkerung mit sich, das zu einem drastisch erhöhten Bedarf an Proteinen führt. Um diesen Bedarf langfristig und auf tragfähige Weise (sustainability) decken zu können, müssen die Produktionsverfahren der tierischen Erzeugung angepasst werden. Die Tierärzte können (und müssen) einen Betrag zur Entwicklung einer nachhaltigen tierischen Erzeugung leisten. Dafür setzt sich die FVE ein. In einigen Ländern werden bereits Insekten als Proteinquelle gezüchtet und in der Herstellung von Futtermitteln für Haustiere genutzt. Gemäss einer Studie in mehreren EU-Ländern ist die diesbezügliche Gesetzeslage jeweils sehr unterschiedlich und die Tierärzte kennen sich in diesem Bereich nicht sehr gut aus. Ausser in Finnland gibt es keine Bildungsinstitutionen für Tierärzte, die entsprechende Kurse anbieten. Die Tierärzte müssen sich nun mit dieser Produktionsform befassen, bevor diese ihrem Zuständigkeitsbereich entgleitet.

Kontrolle des Welpenhandels als gesamteuropäisches Problem

Gemäss aktuellen Zahlen werden innerhalb der Europäischen Union jährlich 552 000 Hunde importiert. Der (legale wie illegale) Welpenhandel liegt in der Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten, doch bei dieser Problematik geht es sowohl um die Tiergesundheit und das Tierwohl als auch um die öffentliche Gesundheit (Zoonosen und «menschliches Wohlbefinden»). Die FVE wird diesen Herbst in Zusammenarbeit mit der FECAVA eine Stellungnahme zu diesem Thema veröffentlichen.

Anne Ceppi
Kantonstierärztin Kanton Jura, Mitglied im Vorstand der Union of European Veterinary Practitioners (UEVP) und Schweizer Delegierte

Die Schweizer Delegation an der FVE-Hauptversammlung (v. l. n. r.): Richard Weilenmann (EVERI), Christoph Kiefer (Präsident GST), Anne Ceppi (UEVP), Fabien Loup (EASVO), Michel Laszlo (UEVH) und Peter Glauser (Geschäftsführer GST).

Federation of Veterinarians of Europe (FVE)

Die Schweiz ist Mitglied der Europäischen Tierärztevereinigung FVE und ist in allen ihren Sektionen mit einer/einem Delegierten vertreten. Die FVE besteht aus folgenden vier Sektionen: UEVP (praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte), UEVH (Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit), EASVO (Amtstierärztinnen und Amtstierärzte) und EVERI (Ausbildung, Forschung und Industrie).

www.fve.org

 
TYPO3 Agentur