Vet-Info
Feuerwerksknallerei und Tierwohl
Obwohl die Tierschutzgesetzgebung länger andauernden, übermässigen Lärm verbietet, nimmt die Knallerei rund um Bundesfeiertag und Silvester von Jahr zu Jahr zu. Gemäss einer Umfrage des Schweizer Tierschutz STS im Frühsommer 2015 unter Tierärzten und Tierhaltern sind insbesondere Hunde und Pferde betroffen.
Es wurden aber auch Fälle mit Nutz- und Wildtieren rapportiert. Die Umfrageresultate deuten darauf hin, dass betroffene Tiere offensichtlich leiden und ein effektiver Schutz der einmal «sensibilisierten» Tiere praktisch unmöglich ist. Das im Vergleich zum Menschen besser entwickelte Hörvermögen vieler Haus- und Wildtiere, ihr feines Sensorium für Erschütterungen sowie die Tatsache, dass die Detonationen für Tiere weder vorhersehbar noch ursächlich zuordnungsbar sind und oft über Stunden anhalten, stellen für alle von ihnen eine gewisse Belastung dar. Tierschützerisch problematisch sind hauptsächlich besonders sensible Individuen, die extrem auf Feuerwerksknallerei reagieren. Nicht nur, dass bei ihnen die üblichen Schutzmassnahmen nicht greifen – mit jedem neuen erlebten Feuerwerk steigern sich auch die Angstzustände, die Sensibilität für plötzlichen Lärm wächst.
Die Umfrage-Fälle deuten darauf hin, dass Feuerwerksknallerei von vielen Haustieren als unangenehm empfunden wird. Belastende Faktoren können sein: Plötzlicher Knall, übermässige Lautstärke, der Ton (Heuler), die Anzahl der Detonationen, die Erschütterungen oder das plötzlich auftretende Licht. Die ungewohnten, starken Reize führen zu einer Stressbelastung der Tiere. Sie reagieren mit Unruhe bis hin zur Panik, verstecken sich oder flüchten. Letzteres kann gemäss Umfrage auch zu Unfällen und Verletzungen führen, speziell bei Hunden und Pferden. Bei Hunden beobachtet man ferner zielloses Umherwandern, Zittern, Hecheln, spontanen Urinabsatz und Appetitlosigkeit, bei Kühen einen kurzzeitigen Rückgang der Milchleistung sowie Aggressionen gegenüber Artgenossen.
Langzeitschäden im Sinne von Hörschädigungen wurden nicht gemeldet. Hingegen gibt es Indizien, dass manche Tiere durch die Knallerei negativ konditioniert werden, sodass sich die Symptome und die Angst mit der Zeit verschlimmern und schliesslich auch in anderen Zusammenhängen auftreten, beispielsweise bei Gewitter oder Baustellenlärm. Aufschlussreich war der Hinweis einer Tierärztin, deren Hund als Welpe mit Motorengeräuschen, Schüssen und dergleichen sozialisiert worden war. Trotzdem wurde das Tier nach Erleben der zweiten Augustknallerei zum «Paniker» und muss am Bundesfeiertag jeweils eingesperrt und medikamentös behandelt werden.
Der STS nimmt die von Tierhaltern und Tierärzten zugestellten Meldungen ernst. Er fordert die Behörden auf, Artikel 12 der Tierschutzverordnung zum Schutz der Tiere vor übermässigem Lärm zu vollziehen. Ferner wird er alle Schweizer Gemeinden über die Problematik der Knallerei informieren und um deren Beschränkung ersuchen. Schlussendlich wird er an den Detailhandel mit dem Anliegen gelangen, auf den Verkauf von extrem tierbelastendem Feuerwerk zu verzichten.
Dr. sc. nat. Hansuli Huber und Dr. med. vet. Martina Schybli, Schweizer Tierschutz STS, Basel