Vet-Info
«LSD ist wegen der Übertragung durch Insekten sehr schwierig zu kontrollieren»
Die Ausbrüche von Lumpy Skin Disease in Frankreich beunruhigen auch die Landwirtinnen und Landwirte in der Schweiz. Das Institut für Virologie und Immunologie untersucht Proben von erkrankten Tieren auf das Virus.
In den Kantonen Genf, Waadt und Wallis wurden diesen Sommer Rinder gegen die Lumpy Skin Disease (LSD) geimpft, weil in Frankreich in Grenznähe zur Schweiz Tiere erkrankt sind. Die Krankheit, die Rinder, Büffel, Bisons und andere Wildrinder betrifft, gilt als hochansteckende Tierseuche, die überwacht und bekämpft wird. Deshalb hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) unter anderem in einer dringlichen Verordnung die Impfung angeordnet. In der Schweiz sind bisher keine Tiere an LSD erkrankt.
Karin Darpel vom Institut für Virologie und Immunologie (IVI) in Mittelhäusern hat früher beim Pirbright Institute in Grossbritannien gearbeitet und im dortigen Hochsicherheitslabor unter anderem erforscht, wie das LSD-Virus durch Insekten übertragen wird. Nun ist sie am IVI in der Abteilung Diagnostik und Entwicklung als Leiterin des Fachbereichs hochansteckende Tierseuchen erneut mit der Krankheit konfrontiert.
Mechanische Übertragung
«Die Ausbreitung von Lumpy Skin Disease kann nur durch koordinierte und weitreichende Massnahmen verhindert werden», sagt Karin Darpel. «In betroffenen Rinderbetrieben führt die Krankheit zu hohen wirtschaftlichen Produktionsausfällen.» Übertragen wird LSD hauptsächlich durch blutsaugende Insekten und allenfalls Zecken, und zwar mechanisch: Das Virus vermehrt sich nicht in ihnen, sondern sie tragen es auf ihren Mundwerkzeugen. «Das Virus ist sehr stabil und kann tagelang auf den Mundwerkzeugen überleben.» Bei einer biologischen Übertragung hingegen vermehrt sich das Virus im Insekt; so können infizierte Insekten das Virus ein Leben lang übertragen. Dies ist beispielsweise beim Blauzungenvirus der Fall.
Der Biss von Stallfliegen wie beispielsweise vom Wadenstecher (Stomoxys calcitrans) ist schmerzhaft; die Kuh scheucht die Fliege weg, sobald sie den Biss spürt. Weil die Fliege ihre Blutmahlzeit noch nicht beendet hat, fliegt sie zur nächsten Kuh – und kann so das Virus aus der Familie der Capripoxviren vom einen auf das nächste Tier übertragen.
«Die Krankheit ist besonders wegen der Übertragung durch Insekten sehr schwierig zu kontrollieren», sagt Karin Darpel. «Eine Isolation der betroffenen Tiere reicht nicht.» Lokale Ausbrüche werden hauptsächlich durch Insekten ausgelöst, welche das Virus weitertragen. Tritt aber ein neuer Ausbruch der Krankheit Hunderte Kilometer weiter auf – wie diesen Sommer in Frankreich und dann in Spanien – ist dies sehr wahrscheinlich auf einen Transport eines infizierten Tieres zurückzuführen.
Eine Problematik der Krankheit ist die lange Inkubationszeit: Es kann bis zu vier Wochen dauern, bis die typischen Hautknoten auftreten. Zudem erkranken einige Tiere auch nur mild oder subklinisch. So kann es sein, dass ein Tier verstellt wird, ohne dass die Tierhaltenden wissen, dass es infiziert ist.
Auch ohne die für LSD typischen Hautknöllchen kann es vorkommen, dass Insekten das Virus aufnehmen, wenn auch viel weniger effizient. Die Virenlast ist besonders hoch in den Hautknoten, deshalb geht von Rindern mit typischen Hautknoten das grösste Verbreitungsrisiko aus. Auch eine direkte oder indirekte Übertragung des LSD-Virus zwischen Rindern kann gelegentlich vorkommen, je nach Virusstamm ist dies jedoch viel weniger effizient als die Übertragung durch Insekten. Die stark virushaltigen Hautknoten können zudem nekrotisieren und Krusten bilden, in denen das Virus wochenlang infektiös bleibt, und die beim Abfallen Wasser oder Futter kontaminieren könnten.
Diverse Proben nötig
«Bei mild oder noch nicht erkrankten Tieren ist es schwierig, das Vorliegen des Virus auszuschliessen, wenn sich noch keine Hautveränderungen zeigen», sagt Karin Darpel. «Im Blut, im Samen und im Nasensekret kann das Virus intermittierend sein – das ist diagnostisch eine Herausforderung.» Darum sei es für eine Diagnose wichtig, dass verschiedenes Probematerial eingereicht werde: wenn immer möglich eine Biopsie veränderter Hautbereiche, zudem EDTA-Blut, Nasentupfer und eventuell Speicheltupfer sowie Serum für den Nachweis von Antikörpern. «Das ist für die Tierärztinnen und Tierärzte im Feld nicht einfach, aber wir benötigen unbedingt diverse Proben.»
Das IVI führt als Schweizer Referenzlabor seit Juli, seit im Kanton Genf und in einigen Waadtländer und Walliser Gemeinden eine Überwachungszone eingerichtet worden ist, vermehrt Laboruntersuchungen durch, um bei erkrankten Tieren LSD ausschliessen zu können. Dies von Tieren, die unspezifische Symptome wie Fieber, Nasenausfluss, Milcheinbruch und auch Hautveränderungen zeigen. Bisher konnte das IVI jeweils ausschliessen, dass das Tier an LSD leidet.
Eine Lebendimpfung
Den Herden in der Überwachungszone wird eine Lebendimpfung verabreicht, welche effizient gegen die Erkrankung mit virulentem LSDV schützt. «Sie kann selten milde Nebenwirkungen haben», sagt Karin Darpel. Sollte es nach der Impfung zu milden klinischen Symptomen kommen, kann das IVI aber mit einem PCR-Test nachweisen, ob ein Tier Viren des Impfstammes oder Feldstämme in sich trägt. «Die Sequenz des Impfstamms ist bekannt.» Ausserhalb der Überwachungszone werden keine Tiere geimpft.
Für Menschen ist die Krankheit ungefährlich. Rinder, Büffel, Bisons und Wildrinder aber leiden sehr; rund ein bis fünf Prozent der kranken Tiere sterben. Gross ist auch der wirtschaftliche Ausfall, da die Kühe weniger Milch geben, Aborte auftreten und auch der Samen nicht genutzt werden kann, da er Viren enthalten könnte. Rinder eines betroffenen Bestandes werden gekeult: «Ist die Infektion auf einem Hof, wird die Virusquelle eliminiert», sagt Karin Darpel. «So will man die Ausbreitung stoppen.» Weil die Tiere über Wochen hinweg infektiös bleiben können, könnten sonst Insekten über eine sehr lange Zeit das Virus von einem zum anderen Tier bringen. «Würde sich das Virus grossflächig ausbreiten, wäre dies eine grosse Gefahr für das Tierwohl und die Landwirtschaft.»
In Afrika ist LSD endemisch
Europa war lange Zeit frei von Lumpy Skin Disease (LSD), während die Krankheit in Afrika endemisch ist. Ab dem Jahr 2012 wurden immer wieder Fälle im Mittleren Osten und in der Türkei gemeldet. 2015 und 2016 kam es zu mehreren Ausbrüchen in Südosteuropa, wobei sich LSD vom Balkan aus gegen Nordwesten ausbreitete. Dank umfassenden Impfprogrammen in Albanien, Bulgarien, Griechenland, Kosovo, Mazedonien und Montenegro wurden die komplexen Ausbrüche bis Ende 2017 unter Kontrolle gebracht. Die Tiere wurden auch danach weiterhin geimpft. Die Türkei meldete den letzten LSD-Ausbruch im Jahr 2021. Hingegen breitete sich die Krankheit in den letzten Jahren in mehreren Ländern Südostasiens aus. In Europa kam es nach Jahren ohne LSD im 2025 wieder zu Ausbrüchen. Italien meldete seinen ersten LSD-Ausbruch am 25. Juni 2025 in Sardinien, kurz darauf kamen Meldungen aus Norditalien. Frankreich meldete den ersten Ausbruch am 30. Juni 2025 in der Region Savoie – nahe der Schweizer Grenze. Später kam es zu Ausbrüchen in Spanien.
In der Schweiz hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen daraufhin im Kanton Genf und in einigen Gemeinden der Kantone Waadt und Wallis Überwachungszonen eingerichtet: Betroffen sind Gemeinden, die sich im Umkreis von 50 Kilometern um die Ausbrüche in Frankreich befinden. Sämtliche Rinder, Büffel und Bisons in den Überwachungszonen wurden seit Mitte Juli geimpft. Der Bund übernimmt die Kosten für den Impfstoff, die Kantone tragen die Kosten für die Impfung; dies ist je nach Kanton unterschiedlich geregelt.

