Journal Schweiz Arch Tierheilkd  
Verlag GST  
Heft Band 167, Heft 12,
Dezember 2025
 
ISSN (print) 0036-7281  
ISSN (online) 1664-2848  
online seit 02 Dezember 2025  
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Fokus

Fipronil belastet Fliessgewässer

Sofia Barth, VSA-Plattform Wasserqualität

Das Insektizid Fipronil gelangt in der Schweiz kontinuierlich über Abwasserreinigungsanlagen in Fliessgewässer. Floh- und Zeckenmittel für Heimtiere sind die wahrscheinlichste Quelle für die Gewässerbelastung.

Fipronil ist ein für Wasserlebewesen hochtoxisches Insektizid und Akarizid, welches in der Schweiz seit 2014 nicht mehr als Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden darf. Als Biozid (z.B. Mittel gegen Ameisen oder Schaben) und Tierarzneimittel (TAM) darf es hingegen zurzeit verwendet werden, wobei es als Biozid nur noch bis Januar 2026 verkauft werden darf. Seit 2021 wird Fipronil im Rahmen des nationalen Fliessgewässermonitorings (NAWA TREND MV) mit einer sensitiveren Analytik gemessen, die es zulässt, Fipronil in risikorelevanten Konzentrationen nachzuweisen. Wenn Gewässerlebewesen über mehr als zwei Wochen einer Konzentration von über 0,77 ng/L Fipronil ausgesetzt sind, können schädigende Effekte nicht mehr ausgeschlossen werden (Oekotoxzentrum, 2025). Durch die sensitivere Messung wurde festgestellt, dass die Fipronil-Konzentrationen schweizweit in zahlreichen Fliessgewässern über 0,77 ng/L liegen. Man spricht in diesen Fällen von Überschreitungen des chronischen Qualitätskriteriums (CQK). 2022 wurden für kein anderes Pestizid so viele Überschreitungen des CQK nachgewiesen wie für Fipronil. Fipronil stellt daher ein Risiko für die Wasserlebewesen dar. 

Belastetes Abwasser 

Um mehr darüber zu erfahren, wie und aus welchen Anwendungen Fipronil in die Fliessgewässer gelangt, wurden die Messdaten des nationalen Fliessgewässermonitorings sowie einer Spezialmesskampagne des Wasserforschungsinstituts der Eidgenössischen Technischen Hochschule (Eawag) ausgewertet. Dabei ging es unter anderem um die Frage, wie wichtig Abwasserreinigungsanlagen (ARA) als Eintragsweg für Fipronil sind. Denn ARA können nicht alle im Abwasser enthaltenen Stoffe vollständig entfernen und können deshalb für gewisse Stoffe einen wichtigen Eintragsweg in die Gewässer darstellen. Deshalb wurde untersucht, ob sich die Fipronil-Belastung zwischen Fliessgewässern, die gereinigtes Abwasser aus einer ARA enthalten (Gewässer mit ARA), und Fliessgewässern, die kein gereinigtes Abwasser enthalten (Gewässer ohne ARA), unterscheidet. Dies war möglich, weil es sich bei 8 der 23 im Rahmen des Fliessgewässermonitorings beprobten Fliessgewässern um Gewässer mit ARA handelt und bei 15 um Gewässer ohne ARA. Es zeigte sich, dass die Unterschiede signifikant sind. Die Anzahl der Überschreitungen des CQK von Fipronil in Gewässern mit ARA war signifikant höher als in Gewässern ohne ARA (P-Wert < 0.0001). In Gewässern ohne ARA wurde Fipronil deutlich seltener und in tieferen Konzentrationen nachgewiesen; Befunde über dem CQK gibt es kaum. Alle untersuchten Gewässer mit ARA sind hingegen mit Fipronil in Konzentrationen über dem CQK belastet. 

In fünf Fliessgewässern wurde ausserdem in der Spezialmesskampagne der Eawag spezifisch gemessen, wie hoch die Konzentrationen von Fipronil in Proben aus dem ARA-Auslauf und im Fliessgewässer sind. Dabei wurde Fipronil in 100 Prozent aller untersuchten ARA-Auslauf-Proben gefunden, und es konnte bestätigt werden, dass es einen kontinuierlichen Eintrag von Fipronil aus den ARA in Fliessgewässer gibt. ARA sind für Fipronil also der bei weitem wichtigste Eintragsweg. In Einzelfällen treten aber auch in kleinen Gewässern ohne ARA ökotoxikologisch relevante Konzentrationen auf. 

Eintrag aus Haushalten

Da Fipronil als Biozid nur geringfügig verwendet wird (1-10g im Jahr 2024), kommen als Quelle für die Fipronil-Belastung nach heutigem Wissensstand nur Anwendungen als TAM in Frage (Bundesamt für Umwelt, 2025). Dort kommt es als topisches Insektizid in Spot-on-Produkten oder Sprays gegen Ektoparasiten bei Katzen und Hunden zur Anwendung. Gemäss Angaben des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic wurden 2022 bis 2023 jährlich 16 bis 17 Kilogramm Fipronil in Form von TAM für Heimtiere in Verkehr gebracht (Swissmedic, 2025). Die Anwendung kann prophylaktisch oder therapeutisch erfolgen. Die Resultate decken sich aus­serdem mit internationalen Befunden, wonach Fipronil ebenfalls in ökotoxikologisch problematischen Konzentrationen in Gewässern nachgewiesen wurde und der Einsatz antiparasitärer TAM bei Heimtieren als wahrscheinlichste Quelle identifiziert wurde (Wells & Collins, 2022). 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Fipronil von der Anwendung als antiparasitäres TAM bei Heimtieren über ARA in Gewässer gelangen kann. Beispielsweise ist bekannt, dass Fipronil nach dem Streicheln eines behandelten Tieres an den Händen haftet sowie an Hausstaub, freien Tierhaaren, Textilien und Kleidern adsorbiert (Dyk et al., 2012; Testa et al., 2019). Über das Waschen von Händen, Textilien und Oberflächen kann Fipronil so mit dem häuslichen Abwasser in die ARA gelangen. Somit lassen sich die kontinuierlichen Einträge über ARA mit dem Einsatz als TAM plausibel erklären. Direkte Einträge von Fipronil in Gewässer, etwa wenn ein Hund im Gewässer badet, sind zwar möglich und können in Einzelfällen ebenfalls zu ökotoxikologischen Risiken führen, scheinen aber insgesamt weitaus weniger relevant zu sein. 

Mit den Auswertungen des nationalen Fliessgewässermonitorings und den Daten aus der Spezialmesskampagne der Eawag kann also belegt werden, dass Fipronil schweizweit kontinuierlich über ARA in Fliessgewässer eingetragen wird und in Fliessgewässern hohe Risiken für Wasserlebewesen verursacht. Ausserdem konnte gezeigt werden, dass nach heutigem Wissensstand antiparasitäre TAM in Spot-on-Lösungen bei Katzen und Hunden die wahrscheinlichste Quelle für die Gewässerbelastung sind. Das wirft ein neues Licht auf die potenziellen Umweltrisiken von TAM bei Haustieren und zeigt, dass den Umwelteffekten dieser Substanzen mehr Beachtung geschenkt werden sollte.

Eine wirksame Parasitenkontrolle ist für das Tierwohl unerlässlich. Gleichzeitig muss auf die Umwelt Rücksicht genommen werden. (© GST)

Fipronil sorgfältig und verantwortungsbewusst einsetzen

Wie die aktuelle Studie der VSA-Plattform Wasserqualität und des eidgenössischen Wasserforschungsinstituts (Eawag) zeigt (siehe Haupttext), gelangt das Antiparasitikum Fipronil in der Schweiz kontinuierlich über Abwasserreinigungsanlagen in die Fliessgewässer. Der ökotoxikologische Grenz­wert wird dabei in vielen Gewässern überschritten. Die Rückstände des Insektizids gefährden die Gewässerorganismen. Die Studie kommt weiter zum Schluss, dass die wahrscheinlichste Quelle für die Fipronil-Einträge Anwendungen als Zecken- und Flohmittel bei Katzen und Hunden sind.
Die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) ist sich der Umweltrisiken des Einsatzes von Fipronil als Antiparasitikum bewusst und nimmt die aktuellen Studienergebnisse sehr ernst. Umwelttoxische Antiparasitika wie Fipronil sollen sorgfältig und so wenig wie möglich eingesetzt werden. Trotz der Umweltrisiken kann jedoch nicht gänzlich auf Antiparasitika verzichtet werden. Eine wirksame Parasitenkontrolle ist wichtig für das Tierwohl und aus Sicht des Tierschutzes unerlässlich. Sie schützt zudem auch die Menschen, indem das Übertragen von Krankheiten wie beispielsweise der Borreliose durch Zecken vermindert wird.
Die GST setzt sich für eine Sensibilisierung innerhalb der Tierärzteschaft und einen verantwortungsbewussten Einsatz von Antiparasitika in der Praxis ein. Wo möglich, sind Alternativen zu Fipronil anzuwenden. Gleichzeitig beurteilt die GST kritisch, dass Antiparasitika wie Fipronil von den Tierhaltenden frei zugänglich über das Internet, in Zooshops und in Apotheken ohne tiermedizinische Fachberatung bezogen werden können.
Tierhaltende sind mit tierärztlicher Unterstützung dazu aufgerufen, durch Haltungsmassnahmen den Parasitenbefall möglichst zu minimieren und den Eintrag in die Umwelt zu vermindern. Um dies zu erreichen, müssen die Tierärzteschaft und die Tierhaltenden eng zusammenarbeiten. Unterstützung bietet die Vereinigung European Scientific Counsel Companion Animal Parasites Schweiz (ESCCAP CH). Sie veröffentlicht Fachinformationen, die helfen, Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Pferde vor einem Befall mit Parasiten und dessen Folgen zu schützen.

Literatur

  • Bundesamt für Umwelt (BAFU), Abteilung Luftreinhaltung und Chemikalien, Sektion Biozide und Pflanzenschutzmittel. (2025).
  • Oekotoxzentrum (2025): Vorschläge des Oekotoxzentrums für Qualitätskriterien für Oberflächengewässer. Retrieved 25.08.2025 from https://www.oekotoxzentrum.ch/expertenservice/qualitaetskriterien/qualitaetskriterienvorschlaege-oekotoxzentrum
  • Swissmedic (2025): Persönliche Mitteilung
  • Wells, C.; Collins, C. T. (2022): A rapid evidence assessment of the potential risk to the environment presented by active ingredients in the UK’s most commonly sold companion animal parasiticides. Environmental science and pollution research 29(30): 45070-45088. https://doi.org/10.1007/s11356-022-20204-2 
  • Dyk, M. B. et al. (2012): Fate and distribution of fipronil on companion animals and in their indoor residences following spot-on flea treatments. Journal of Environmental Science and Health, Part B 47(10): 913–924
  • Testa, C. et al. (2019): Occurrence of Fipronil in residential house dust in the presence and absence of pets: a hint for a comprehensive toxicological assessment. Journal of Environmental Science and Health, Part B 54(6): 441–448

Zur Studie der VSA-Plattform Wasserqualität und der Eawag:

Barth, S., Doppler, T., Ganz, V., Luong, K. & Singer, H. (2025).
Fipronil belastet die Fliessgewässer. Antiparasitäre Tierarzneimittel für Heimtiere als wahrscheinlichste Quelle. Aqua & Gas, 105(10), 90–95. 
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