Journal Schweiz Arch Tierheilkd  
Verlag GST  
Heft Band 167, Heft 1,
Januar 2025
 
ISSN (print) 0036-7281  
ISSN (online) 1664-2848  
online seit 30 Dezember 2024  
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Künstliche Intelligenz im Alltag

Barbara Schneider, Bibliothek der Universität Zürich, Bibliotheksverantwortliche Standort Veterinärmedizin

Ob bei der Analyse einer komplexen Röntgenaufnahme oder bei der Recherche in wissenschaftlichen Bibliotheken: Auch Tierärztinnen und Tierärzte nutzen Künstliche Intelligenz immer häufiger.

Die Integration generativer Systeme mit Künstlicher Intelligenz (KI) in den tierärztlichen Alltag vollzieht sich schrittweise, aber stetig. Von der automatisierten Terminplanung über die Bildanalyse bis hin zur Unterstützung bei der Diagnosestellung – die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Besonders bemerkenswert ist dabei die Fähigkeit moderner KI-Systeme, aus vorhandenen Daten zu lernen und diese Erkenntnisse auf neue Fälle anzuwenden.

Praktische Anwendungen

Die Haupteinsatzgebiete generativer KI in der Schweizer Tierarztpraxis lassen sich in mehrere Kernbereiche unterteilen. So ist KI in der bildgebenden Diagnostik (Generative KI: Multimodale Models) wichtig. KI analysiert automatisch Röntgen-, CT- und MRT-Aufnahmen. Sie hilft bei der Früherkennung von Anomalien und vergleicht die Aufnahmen mit umfangreichen Datenbanken. Aber auch im Praxismanagement (Generative KI: Large Language Modell) wird KI eingesetzt: sie dient der intelligente Terminplanung, der automatisierten Nachsorge-Erinnerungen und dem Bestandsmanagement von Medikamenten. Nicht zuletzt unterstützt KI klinische Entscheidungen (Generative KI: Multimodale Models), dies mit der Analyse von Laborwerten, dem Erstellen von Differentialdiagnosen und Therapievorschlägen, die auf aktueller Forschung basieren.

Wissenschaftliche Bibliotheken

Und wo kommen da die wissenschaftlichen Bibliotheken ins Spiel? Die wissenschaftlichen Bibliotheken können auch im Zeitalter der KI Partner für Tierärztinnen und Tierärzte sein. Der Einstieg in die Nutzung von KI-Tools mag zunächst herausfordernd erscheinen. Hier können die so genannten Liaison Librarians der Bibliotheken wichtige Unterstützung leisten. Diese Expertinnen und Experten in AI- und Information Literacy bieten Schulungen zur effektiven Nutzung von KI-Tools, Zugang zu spezialisierten Datenbanken und Recherche-Tools, Beratung zu Fragen des Datenschutzes und der Informationsqualität, Workshops zur Best Practice in der Nutzung der verschiedenen Tools im Praxisalltag und natürlich das Herzstück – die Literaturrecherche.

Moderne KI-Tools können innerhalb von Sekunden aktuelle Forschungsliteratur durchsuchen und die relevantesten Ergebnisse zusammenfassen. Beispielsweise können Interessierte eine detaillierte Fallbeschreibung eingeben und nach ähnlichen dokumentierten Fällen oder spezifischen Behandlungsprotokollen suchen. Doch welches Tool nutzen? Und sind die Daten auch verlässlich? Chatbots wie ChatGPT, Claude, Co-Pilot oder Llama oder ähnliche können in vielen Situationen nützliche Helfer sein, nicht aber bei der Literatursuche. 

Chancen und Herausforderungen

Die Integration von KI-Systemen bietet erhebliche Vorteile: Zeitersparnis bei Routineaufgaben, erhöhte diagnostische Sicherheit und verbesserte Patientenversorgung. Doch die Technologie bringt auch Herausforderungen mit sich. Datenschutz, die notwendige technische Infrastruktur und die kontinuierliche Weiterbildung des Praxispersonals sind wichtige Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Und gleichzeitig gilt: einfach ausprobieren. Ein Youtube-Film erklärt die ersten Schritte im Universum der KI. Youtube: «Generative AI in a Nutshell – how to survive and thrive in the age of AI»

Die Herausforderung ist und bleibt die Ethik. Die Daten, welche Menschen der KI mehr oder weniger freiwillig zur Verfügung stellen, müssen sorgfältig genutzt werden. Wer KI nutzt, sollte sich immer folgende Fragen stellen: Woher stammen die Daten? Wer hat die Daten erfasst, wer hat sie erstellt? Was ist die Absicht dieser Daten? Wer ist das Zielpublikum der Daten? Wie steht es um den Datenschutz? Und wie um die Transparenz?

Zudem sollte die Frage nach der Nachhaltigkeit solcher Systeme nicht unter den Tisch gewischt werden. Das Trainieren komplexer Deep-Learning-Modelle sorgt für einen hohen CO2-Ausstoss. Also ist es vielleicht besser, für eine kurze Literatursuche PubMed oder Google Scholar nutzen.

Ausblick und Zukunftsperspektiven

Zurück in die Tierarztpraxis. Die Tierärztin, der Tierarzt steht vor dem Bildschirm und analysiert mit Hilfe eines KI-Modelles eine komplexe Röntgenaufnahme. Das Modell markiert in Sekundenschnelle potenzielle Auffälligkeiten und unterbreitet Behandlungsvorschläge. Die KI liefert wertvolle Hinweise, doch die finale Entscheidung trifft die erfahrene Tierärztin, der erfahrene Tierarzt selbst. Dies verdeutlicht den Kern der KI-Revolution in der Tiermedizin: Die Technologie ist ein mächtiges Werkzeug, das die tierärztliche Expertise ergänzt, aber nicht ersetzt. Mit jedem diagnostizierten Fall lernt das System dazu, und die Kombination aus menschlicher Erfahrung und künstlicher Intelligenz wird die Qualität der tiermedizinischen Versorgung weiter verbessern.

 
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