Verbandsnachrichten
«Wenn Datenschutz ein Hemmnis für die Gesundheit ist, dann ist das schlimm»
«One Health: Was kann die Tierärzteschaft tun?» Unter diesem Motto hat die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) ein Symposium mit verschiedenen Vorträgen und Workshops organisiert.
«One Health muss in der Praxis beginnen», sagte GST-Präsident Olivier Glardon, als er am 23. November in Bern das zweisprachige One-Health-Symposium der GST eröffnete.
Isabel Streit von der Abteilung Internationales beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) präsentierte ein konkretes Praxisbeispiel von One Health: Mit dem Kanton Tessin hat das BAG eine ad-hoc-Arbeitsgruppe gegründet, um sich auf den ersten Fall einer Übertragung des West-Nil-Virus auf Menschen in der Schweiz vorzubereiten. Dies, weil das Virus im August 2022 im Kanton Tessin bei Mücken und wildlebenden Vögeln festgestellt wurde. Mücken können das Virus auch auf Pferde und Menschen übertragen. Bisher wurde in der Schweiz noch kein Mensch infiziert.
Die lokalpolitische Ebene
Christoph Kiefer ist nicht nur Tierarzt, sondern auch Gemeindepräsident der 3000-Seelen-Gemeinde Wangen an der Aare. Am One-Health-Anlass erzählte er, wie er auch Lebensmittelkontrolleur wurde, als er 1989 seine Tierarztpraxis in der Gemeinde eröffnete: Er kontrollierte die Restaurants, die Metzgerei und das Trinkwasser. «Die Denkweise der Tierärztinnen und Tierärzte eignet sich für Aufgaben in der Politik, denn sie sind fähig, ein komplexes Problem zu analysieren, vernetzt zu denken, eine Therapie einzuleiten und zu handeln.»
Die nationale Ebene
Jérémie Millot ist für die Plattform One Health des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) verantwortlich. Als konkretes Projekt nannte er die nationale Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR). Auf nationaler Ebene arbeiten zudem weitere Arbeitsgruppen zum Thema One Health – so werden vektoriell übertragbare Krankheiten wie Chikungunya-, Dengue-, West-Nil- und Zika-Fieber überwacht, um den Verlauf der Epidemien zu verlangsamen.
Die internationale Ebene
Ein One-Health-Projekt auf internationaler Ebene stellte Stephanie Mauti vor. Sie arbeitet an der Abteilung Epidemiologie und Public Health des Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Instituts (TPH). In einem von der EU finanzierten Projekt hat das TPH eine App erarbeitet, um die Tollwut in Afrika zu bekämpfen. Damit werden erstmals die Veterinär-Diagnostik, die Patientenakte und die Impfstofflieferkette elektronisch verbunden. «Langfristig ist aber klar: wir können die Tollwut nur ausrotten, wenn die Hunde geimpft werden», sagte Mauti.
Neuer Lehrgang: CAS One Health
Nach den Referaten besprachen die Teilnehmenden in vier Gruppen Fälle aus der Praxis. Dabei zeigte sich, dass oft nicht klar ist, wer informiert werden muss und wer aus Datenschutzgründen überhaupt informiert werden darf, wenn sich herausstellt, dass nicht nur das Tier, sondern auch die Tierhaltenden krank sind. «Wenn Datenschutz ein Hemmnis für die Gesundheit ist, dann ist das schlimm», sagte GST-Präsident Olivier Glardon. Damit künftig im Zusammenhang mit One Health weniger Fragen offen sind, erarbeitet die Universität Bern derzeit einen neuen Lehrgang zum Certificate of Advanced Studies (CAS) One Health.