Journal Schweiz Arch Tierheilkd  
Verlag GST  
Heft Band 165, Heft 9,
September 2023
 
ISSN (print) 0036-7281  
ISSN (online) 1664-2848  
online seit 29 August 2023  
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Verbandsnachrichten

«Es ist zutiefst empörend: Ich sehe noch immer Kinder, die an Tollwut sterben»

Nicole Jegerlehner

Grosse Ehre für Jakob Zinsstag: Der One-Health-Pionier aus der Schweiz wurde von der Weltorganisation für Tiergesundheit ausgezeichnet. Er zeigt sich frustriert darüber, dass nicht genügend dafür getan wird, um Tierkrankheiten auszurotten.

Herr Zinsstag, Sie haben den Ehrenpreis der Weltorganisation für Tiergesundheit erhalten – was bedeutet dieser Preis für Sie?
Es ist eine doppelte Anerkennung. Ich wurde als einer der führenden Entwickler von One Health ausgezeichnet. Und es war ein Partnerland aus Afrika, das mich vorgeschlagen hat. Das ist das Schönste, was mir passieren konnte.

Warum hat gerade die Elfenbeinküste Sie vorgeschlagen?
Ich habe eine fast 30-jährige Vergangenheit mit der Côte d’Ivoire. Ich habe dort während vier Jahren das Centre Suisse de Recherches Scientifiques geleitet. In den letzten zehn Jahren habe ich mich vor allem auf die Tollwut-Bekämpfung konzentriert.

In Ihrer Dankesrede haben Sie sich frustriert darüber gezeigt, dass die Weltgemeinschaft zu wenig macht gegen Krankheiten, welche mit einem gemeinsamen Vorgehen in Schach gehalten werden könnten.
Es ist zutiefst empörend: Ich sehe in Afrika noch immer Kinder, die an Tollwut sterben. Frustrierend ist, dass wir eigentlich wissen, was wir tun müssten, um das zu ändern. Aber wir machen es nicht. Es gibt eine grosse Menge an Forschungsergebnissen, die nicht umgesetzt werden. Da fragt man sich als Wissenschafter manchmal schon, was man da eigentlich macht.

Heisst das, dass Sie sich fragen, ob sich Ihre Arbeit überhaupt lohnt?
Manchmal schon, ja. Aber es hält mich nicht von der Wissenschaft ab. Umso wichtiger war es aber auch für mich, dass ich an der Preisverleihung während fünf Minuten zu den obersten Veterinär-Verantwortlichen dieser Welt sprechen konnte. Denn sie müssen die Lösungen umsetzen, welche die Wissenschaft vorschlägt.

Woran scheitert bisher diese internationale Zusammenarbeit?
Das beginnt bereits in den einzelnen Ländern, die ihre Prioritäten anders setzen, denen es an den finanziellen Mitteln fehlt, oder die korrupt sind. Darum wäre es wichtig, einen globalen Fonds zu äufnen, um weltweit die wichtigsten Tierkrankheiten auszurotten.

Jakob Zinsstag an der Preisverleihung mit Vertreterinnen und Vertretern der Elfenbeinküste. (© zVg)

«Der Erfinder von One Health»

Jakob Zinsstag ist promovierter Tierarzt auf dem Gebiet der tropischen Tiergesundheit. Der One-Health-Pionier verbrachte acht Jahre in Westafrika am Internationalen Trypanotoleranz-Zentrum in Gambia und vier Jahre als Direktor des Centre Suisse de Recherches Scientifiques in Côte d‘Ivoire. Seit 1998 leitet er eine Forschungsgruppe zur Gesundheit von Mensch und Tier am Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut (TPH) in Basel. Seit 2011 ist er stellvertretender Leiter der Abteilung für Epidemiologie und Public Health am Swiss TPH. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Bekämpfung von Zoonosen in Entwicklungsländern und die Gesundheitsversorgung mobiler Tierhalter unter Anwendung eines One-Health-Ansatzes. Er ist ehemaliger Präsident der International Association for Ecology and Health und des wissenschaftlichen Beirats des Transdisziplinären Netzwerks der Akademien der Wissenschaften Schweiz.
Im Mai wurde der 61-Jährige mit dem Ehrenpreis der Weltorganisation für Tiergesundheit ausgezeichnet; dies auf Vorschlag der Elfenbeinküste. Vessaly Kallo, Delegierter der Elfenbeinküste, sagte: «Dr. Jakob Zinsstag ist der wichtigste Theoretiker und der Erfinder der ganzheitlichen Methode von One Health.»

 
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