Journal Schweiz Arch Tierheilkd  
Verlag GST  
Heft Band 165, Heft 7_8,
Juli 2023
 
Thema Sonderheft Tierwohl / cahier spécial Bien-être animal  
ISSN (print) 0036-7281  
ISSN (online) 1664-2848  
online seit 04 Juli 2023  
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Fokus

Ein Ende in Würden

Dr. med. vet Ursula Berger, Mitglied der GST-Kommission Tierwohl, und Nicole Jegerlehner, Geschäftsstelle GST

Seit drei Jahren sind die Hof- und die Weidetötung erlaubt. Mischa Hofer setzt sich mit seiner Platzhirsch Hofschlachtung GmbH für eine stressfreie Schlachtung der Tiere ein – ganz nach dem Motto: «Wir bringen den Schlachthof zum Tier.»

Kein Transport- und kein Schlachthofstress, sondern ein ruhiges Tier, das bis ganz am Schluss in seiner vertrauten Umgebung bleiben kann: Das versprechen die Hof- und die Weidetötung. Landwirt Mischa Hofer aus Vitznau bietet den Landwirtinnen und Landwirten einen mobilen Schlachtanhänger, mit dem die Hoftötung möglich ist.

«Wir bringen den Schlachthof zum Tier»: Damit wirbt Mischa Hofer für sein Unternehmen. «Nutztiere sollten nicht nur ein gutes Leben haben; sie sollten auch in Würde geschlachtet werden», schreibt die Platzhirsch Hofschlachtung GmbH. Das Unternehmen unterstützt die Landwirte beim Einholen der Bewilligung für die Hoftötung. Danach mieten die Landwirte bei Mischa Hofer eine Plattform mit einem Selbstfanggitter. Sie gewöhnen ihre Tiere daran, auf dieser Plattform Futter zu erhalten. «Mit wenigen Anpassungen ist mit unserem System die Hoftötung von Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen möglich», sagt Mischa Hofer.

Die mobile Schlachteinheit

Am Tag der Schlachtung fährt Mischa Hofer mit seinem mobilen Schlachtanhänger auf den Hof und platziert ihn vor der Plattform. Die Landwirtin oder der Landwirt locken das Tier mit Futter auf die Plattform; sobald das Rind im Fressgitter fixiert ist, wird es mit einem Bolzenschuss betäubt. Mit einer Seilwinde zieht Hofer die Plattform in den Anhänger. Dort folgt der Entblutungs-Schnitt; das Stichblut wird in einer Wanne aufgefangen. Das Tier bleibt im Fressgitter fixiert und wird so in den Schlachthof gefahren.
Der Schlachthof muss flexibel sein; denn je nachdem, wie viel Zeit sich das Tier lässt, um auf die Plattform zu gehen, wird es früher oder später angeliefert. Und falls ein Tier einmal das Fressgitter nicht betritt, wird die Tötung verschoben. Mischa Hofer schätzt, dass rund 98 Prozent der Tiere ans Fressgitter gehen.

Ein würdiges Ende

Derzeit haben rund hundert Betriebe in der Schweiz die Bewilligung für Hof- oder Weidetötung. Für jene, die ihr Fleisch selber vermarkten, kann dies ein Plus im Marketing sein. Und vielen ist es schlicht wichtig, dass sie ihren Tieren ein würdiges Ende bieten.

Wichtig ist, dass das Tier freiwillig auf die Plattform geht. (© zvg)

Die Hof- und Weidetötung

Seit dem 1. Juli 2020 ist das Töten von Schlachttieren auf dem Herkunftsbetrieb erlaubt. Weil die eigentliche Schlachtung nach wie vor in einem Schlachtbetrieb stattfindet, wird in der Verordnung über das Schlachten und die Fleischkontrolle (VSFK) bewusst das Wort Hof- und Weidetötung und nicht etwa Hofschlachtung oder Weideschlachtung benutzt. Die Hof- und Weidetötung muss von der zuständigen kantonalen Behörde bewilligt werden.
Bei der Hoftötung wird das Tier tierschutzkonform fixiert und betäubt und dann entblutet; sie ist für sämtliches Schlachtvieh zulässig. Die Weidetötung ist nur für Rinder ab vier Monaten zulässig. Hier wird das Tier auf der Weide geschossen und entblutet. Der Schlachtprozess wird in beiden Fällen in einem Schlachtbetrieb abgeschlossen. Dieser muss in der Nähe liegen, denn die Tiere müssen spätestens 45 Minuten nach dem Entbluten ausgeweidet werden. Das Stichblut wird in den Schlachtbetrieb verbracht und dort entsorgt.
Die Amtstierärztin oder der Amtstierarzt muss bei der Hoftötung das Betäuben und das Entbluten des Schlachtviehs stichprobenweise, mindestens aber einmal jährlich pro Betrieb überwachen. Bei der Weidetötung ist die Amtstierärztin oder der Amtstierarzt anwesend und überwacht den Abschuss und das Entbluten.
Nach wie vor gibt es auch die Hausschlachtung: Für den Eigengebrauch im Familienkreis dürfen Landwirte auf ihrem Betrieb Tiere schlachten. Dabei müssen sie die Vorgaben des Tierschutzes und der Tierseuchengesetzgebung einhalten. Die Schlachttiere und deren Schlachtprodukte dürfen nicht ausserhalb des Herkunftsbetriebs zerlegt oder verarbeitet werden.

Der STS befürwortet die Hoftötung

Der Schweizer Tierschutz STS setzt sich schon seit Jahren für die möglichst schonende Schlachtung von Nutztieren und Geflügel ein und unterstreicht dieses Anliegen mit der regelmässigen unabhängigen Auditierung von praktisch allen grossen und mittelgrossen Schlachthöfen, in welchen ein Grossteil der Schweizer Nutztiere geschlachtet werden.
Der immer längere Transport zu zentralen Schlachthöfen, die Vermischung von Tiergruppen, der Lärm und die neue Umgebung führen für die Tiere jeweils zu viel Aufregung. Hier kann die Hoftötung eine Lösung sein und den letzten Gang der Tiere stressfreier gestalten. Der STS unterstützt deshalb ausdrücklich die Hoftötung als Methode zur Fleischgewinnung. Aber auch dabei müssen die Tiere sicher betäubt und entblutet werden und sich bis zum Tod in einem Zustand der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit befinden.
Bei der Hoftötung sind die Bedingungen von Betrieb zu Betrieb anders und die Mitverantwortung der Tierbesitzer ist ungleich höher als bei der konventionellen Schlachtung. Die Hoftötung von Rindvieh hat sich unseren Erfahrungen nach bewährt und ist auf den meisten Betrieben relativ problemlos durchführbar. Dagegen ist die Hoftötung von Schweinen und Kleinwiederkäuern – auch wegen der angewendeten Betäubungsverfahren – sehr viel anspruchsvoller und bietet mehr Fehlermöglichkeiten. Deshalb müssen besonders für diese Tierarten die Tötungen konsequent verfolgt und überwacht werden. Der Kontrolldienst STS bietet interessierten Betrieben die Möglichkeit einer neutralen, unabhängigen, externen Auditierung mit speziellem Augenmerk auf das Tierwohl.
Michael Hagnauer, Kontrolldienst STS

 
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