Journal Schweiz Arch Tierheilkd  
Verlag GST  
Heft Band 165, Heft 1,
Januar 2023
 
ISSN (print) 0036-7281  
ISSN (online) 1664-2848  
online seit 04 Januar 2023  
SAT archive search
Extended search

Vet-Info

Das VSF-Suisse HEAL-Projekt

One Health in der Praxis

www.vsf-suisse.org
info@vsf-suisse.org

One Health ist ein sektorenübergreifender Ansatz, der die enge Verbindung zwischen der Gesundheit der Menschen, der Gesundheit der Tiere und unserer gemeinsamen Umwelt berücksichtigt. Das Projekt One Health Units for Humans, Environment, Animals and Livelihoods (HEAL) von VSF-Suisse nutzt diesen Ansatz, um das Wohlergehen und die Widerstandsfähigkeit nomadischer und halbsesshafter Gemeinschaften sowie ihrer Tiere in Äthiopien, Somalia und Kenia zu fördern.

Gestartet im Jahr 2019, zielt das HEAL-Projekt darauf ab, die tierärztliche und humanmedizinische Versorgung durch die Schaffung von sogenannten One-Health-Einheiten neu zu gestalten. Einerseits sollen diese Einheiten die Gesundheitsdienste für Mensch, Tier und Umwelt stärken, andererseits die Interaktion zwischen Regierungsstellen, privaten Dienstleistern und der Bevölkerung erleichtern. Konkret beinhaltet dies die Ausbildung von Gesundheits-, Veterinär- und Landwirtschaftsexperten, die Bereitstellung von medizinischem Material und Medikamenten sowie die Behandlung von Menschen und Tieren.

Um der Mobilität von nomadischen Gemeinschaften Rechnung zu tragen, sind auch die Einheiten nicht auf ein bestimmtes geografisches Gebiet beschränkt, sondern können flexibel eingesetzt werden. So deckt das HEAL-Projekt die Grenzgebiete von Äthiopien, Somalia und Kenia ab und erreicht auch diejenigen Menschen, die sich mit ihren Tieren fortlaufend über regionale und nationale Grenzen hinwegbewegen.

Partizipativer Ansatz

Das HEAL-Projekt, welches unter anderem durch Beiträge der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA und der Stiftung Biovision finanziert wird1, verfolgt einen partizipativen Ansatz. So wird sichergestellt, dass die betroffenen Menschen, Dienstleister und staatlichen Institutionen an jeder Phase des Projekts beteiligt sind: von der Problemerkennung über die Umsetzung von Lösungen bis hin zur Übergabe der Verantwortlichkeiten am Ende des Projekts.

Durch sogenannte Multi-Stakeholder-Innovationsplattformen (MSIPs), in welchen Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinschaften Herausforderungen besprechen und ihre Bedürfnisse zum Ausdruck bringen können, wird sichergestellt, dass diese sich in den von den One-Health-Einheiten angebotenen Dienstleistungen auch widerspiegeln. Gleichzeitig fördern die MSIPs den Kapazitätsaufbau innerhalb der Gemeinschaften sowie der lokalen Behörden und ermöglichen zudem die rechtzeitige Reaktion auf Naturkatastrophen und Gesundheitsnotfälle.

Herausforderungen gemeinsam meistern

Sora Bora Gedo, ein angesehener Mann in Bokolo, einem kleinen Dorf in der Borana-Zone von Äthiopien, dient seiner Gemeinschaft schon lange als Weideland-Berater. Als Mitglied der örtlichen MSIP informiert er regelmässig über die Dürresituation in der Region. «Ich weise in der Gruppe auch auf Gesundheits- und Umweltgefahren hin, damit diese der örtlichen Regierung und anderen Stellen zur rechtzeitigen Unterstützung gemeldet werden», erzählt Herr Gedo. Er ist sich sicher, dass die MSIP-Diskussionen und -Berichte zur Reaktion der Regierung auf die aktuelle Dürre beigetragen haben.

Herr Gedo schätzt VSF-Suisse sowohl für die Einrichtung der MSIP, als auch für die Unterstützung bei der Lösung von Problemen, die über diese Plattform angesprochen werden. So hat VSF-Suisse beispielsweise in Anbetracht der anhaltenden Dürre gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung eine neue Methode des Futtermittelanbaus eingeführt, die weniger Wasser und Erde benötigt.   

Sora Bora Gedo verspricht: «Ich werde meine Erfahrungen und das, was mich das Leben über Wetter, Gemeinschaft und Viehgesundheit gelehrt hat, weitergeben. Ich möchte meinen Einfluss nutzen, um meiner Gemeinschaft zu helfen, angesichts der wachsenden Herausforderungen stark und widerstandsfähig zu bleiben.»

Die Wichtigkeit von One-Health-Dienstleistungen

Wie wichtig die im Rahmen des HEAL-Projektes angebotenen One-Health-Dienstleistungen sind, zeigen Geschichten wie diejenige der 42-jährigen Adoy Sheik Oumer aus Arda Ola, einem Dorf in der Somali Region Äthiopiens. Sie erzählt: «Ich leide unter quälenden Rückenschmerzen, die tagelang anhalten können. Eine Motorradfahrt in die 20 Kilometer entfernte Stadt Moyale, um mich dort behandeln zu lassen, kann ich mir aber nicht leisten.»

Bevor sie von den mobilen One-Health-Einheiten erfahren hat, ist sie mit den Schmerzen einfach zu Hause geblieben und hat abgewartet. Das muss sie nun glücklicherweise nicht mehr. Besonders froh ist sie darüber, dass neben den Menschen auch Tiere behandelt werden, denn egal was eine Fahrt in die Stadt koste: «Man kann kranke Kamele nicht auf einem Motorrad transportieren!» Frau Oumer sagt: «Ich habe noch nie vorher gehört und gesehen, dass ein solches Team uns und unsere Tiere zur selben Zeit und am selben Ort behandelt. Es ist wunderbar.»

VSF-Suisse und die am Projekt beteiligten Konsortialpartner Amref Health Africa und das International Livestock Research Institute ILRI haben seit Beginn des Projektes 16 One-Health-Einheiten geschaffen und mit ihnen Gesundheitsdienstleistungen für 240 000 Menschen und mehr als 600 000 Tiere erbracht.


1Eine komplette Auflistung der Geldgeber finden Sie auf www.oh4heal.org

Mehr als 600 000 Tiere konnten im Rahmen des Projektes behandelt und geimpft werden.
Adoy Sheik Oumer im Gespräch mit einer HEAL-Ärztin.
Sora Bora Gedo, Mitglied einer MSIP.
Mitglieder einer MSIP tauschen sich aus.

VSF-Suisse
Mühlenplatz 15
Postfach 109
3000 Bern 13
Tel. 031 332 77 65
www.vsf-suisse.org
info@vsf-suisse.org
Spendenkonto:
IBAN CH78 0900 0000 3002 4633 4
www.vsf-suisse.org/spenden

Text: Philipp Hayoz,
Metalign Ayehu

Bilder: VSF-Suisse

 
TYPO3 Agentur