Journal Schweiz Arch Tierheilkd  
Verlag GST  
Heft Band 164, Heft 4,
April 2022
 
ISSN (print) 0036-7281  
ISSN (online) 1664-2848  
online seit 05 April 2022  
SAT archive search
Extended search

Vet-Info

Kommen Sie mit auf eine Reise nach Mali und in die Elfenbeinküste!

www.vsf-suisse.org

Die Covid-19-Pandemie hat auch die internationale Entwicklungszusammen­arbeit vor grosse Herausforderungen gestellt. Zum Schutz der Menschen, für die sich Vétérinaires Sans Frontières Suisse in Afrika einsetzt, mussten Reisen in unsere Partnerländer und Projektbesuche während mehr als einem Jahr auf ein Minimum beschränkt werden. Umso mehr habe ich mich gefreut, letzten August endlich wieder nach Mali und in die Elfenbeinküste reisen zu dürfen, um mir persönlich ein Bild über den Stand unserer Projekte machen zu können.

Mein Name ist Christian Wirz, ich bin Programmverantwortlicher für Westafrika bei VSF-Suisse, und gerne möchte ich einige Eindrücke meiner Reise mit Ihnen teilen.

Voller Vorfreude bin ich nach eineinhalb Jahren des Wartens Anfang August 2021 ins Flugzeug nach Bamako gestiegen. Bamako ist die Hauptstadt des westafrikanischen Landes Mali, wo VSF-Suisse gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation CAB Déméso seit 2004 aktiv ist. Seit 2016 haben wir ein eigenes Büro vor Ort und mit Dr. med. vet. Abdoulaye Diaouré einen bestens vernetzten Länderdirektor, der unser wachsendes Projektportfolio betreut. Am Flughafen von Bamako wartet Abdoulaye bereits auf mich. Nur wenige Tage habe ich Zeit, die Partner unserer Projekte zu besuchen und mir einen Eindruck über die Fortschritte zu machen. So verlassen wir Bamako vorerst gleich wieder und fahren in den Westen des Landes.

Stärkung der lokalen Milchwirtschaft in Mali

Eines der Hauptziele unseres Engagements in Mali ist die Stärkung der lokalen Milchwirtschaft als Alternative zu den Billig-Importen von subventioniertem Milchpulver z.B. aus Europa. Diese Arbeit fusst auf zwei Überzeugungen: Es gibt ein Potenzial für lokale Milch – schliesslich hat bei den nomadischen Gemeinschaften der Milchkonsum Tradition – und die Milchwirtschaft schafft Stellen, gerade auch für junge Menschen und für Frauen. Unsere Arbeit beginnt schon bei den Viehwirtschaftsbetrieben, welche dank unserer Beratung selbst Futterbau betreiben und damit unabhängiger werden von industriellem Kraftfutter. Zudem unterstützen wir sie beim Zugang zu Tiergesundheitsdiensten für ihre Kühe. Die Projektarbeit beinhaltet weiter die Ausbildung von Molkerei-Personal sowie die Begleitung der Milchverkäuferinnen beim Aufbau ihres eigenen Milchkiosks und der Herstellung von Milchprodukten. Die Geschichten dieser Menschen zeigen, dass unsere Arbeit der letzten 17 Jahre Früchte trägt. Es ist uns in den Projektgebieten gelungen, die lokale Milch vom Image einer schmutzigen Brühe zu befreien, sodass immer mehr Malierinnen und Malier sie dem importierten Milchpulver vorziehen.

Nach acht Stunden Fahrt erreichen wir die Ortschaft Alahina unweit der Stadt Kayes an der Grenze zu Senegal. Wir befinden uns in der Sudan-Zone des Sahels. Diese wird in der Regenzeit grün, in der Trockenzeit ziemlich trocken mit dürrer Vegetation. Der Klimawandel trägt auch hier zur Verstärkung von Dürrekrisen bei. Dies steht im Kontrast zur Tatsache, dass die Bevölkerung hier im weltweiten Vergleich sehr niedrige Treibhausgas-Emissionen verursacht. Die am bescheidensten lebenden Menschen leiden mitunter am stärksten unter den sich verstärkenden Dürrekrisen.

Hier lebt der junge Viehzüchter Mahamadou Koita mit seinen 25 Milchkühen. Er hat den Betrieb vor wenigen Jahren von seinem Vater übernommen. Als ich ihn besuche – es ist gerade Ende der Regenzeit – geben die Tiere täglich durchschnittlich 110 Liter Milch. Mit unserem Projekt konnten wir Mahmadou beim Anbau von Futterpflanzen auf einer Fläche von 4000 m2 unterstützen. Seine Tiere haben so immer genug zu fressen – und den Überschuss verkauft er an andere Viehzüchter im Ort. Dank der Einkommen aus der Milchwirtschaft sowie aus dem Verkauf von Futter und Zuchttieren, kann Mahamadou seine drei Angestellten bezahlen und seine Familie versorgen.

Für die biologische Vielfalt der Landwirtschaft

Nach zwei intensiven Tagen in der Sahelzone und vielen interessanten Begegnungen mit Menschen wie Mahmadou, geht es für mich wieder zurück nach Bamako. In der Mittelstadt Diéma, auf halber Strecke, machen wir Halt bei den vier im Jahr 2021 errichteten Milchkiosken. Frau Djigue Boll Yara ist stolze Besitzerin eines solchen Kioskes. Sie verkauft jeden Tag 20–40 Liter Milch und bietet ausserdem eine grosse Auswahl an selbstgemachten Milchprodukten an. Als Witwe ist Frau Yara die Alleinernährerin ihrer Familie, aber ihre Töchter helfen ihr beim Verkauf. Gemeinsam haben sie sich als Familie trotz Schicksalsschlägen eine positive Zukunftsperspektive geschaffen.

Tags darauf treffe ich mich in den Büroräumlichkeiten unserer Partnerorganisation CAB Déméso zu einem Austausch mit den Projekt-Teams. Wir besprechen ein neues Projekt, welches den Erhalt der einheimischen Zebu-Rinder fördern sowie Strategien zur genetischen Verbesserung der Rinderrassen Malis aufzeigen soll. Auch soll angeschaut werden, welche Futtersorten am besten an das trockene Klima angepasst sind. Denn eine der grossen Herausforderungen für die Viehwirtschaft im Sahel ist es, die Tiere durch die jährliche Trockenzeit zu bringen. Nicht nur Milchwirtschaft also – wir setzen uns in Mali auch für die biologische Vielfalt der Landwirtschaft ein.

Gute Erfahrungen in der Elfenbeinküste

Die Strategie von VSF-Suisse für Westafrika ist regional ausgerichtet. Die guten Erfahrungen, die wir bei unserer Arbeit in Malis Milchsektor gemacht haben, sollen mit einigen nötigen Anpassungen auf weitere Länder in der Region übertragen werden. In der Elfenbeinküste haben wir hierzu vor rund drei Jahren ein Pilotprojekt lanciert, welches ich nun gemeinsam mit unserem Projektpartner, dem Schweizerischen Forschungszentrum Centre Suisse de Recherche Scientifique (CSRS), besuche. In der Stadt Korhogo im Norden des Landes zeigt man mir, was schon alles erreicht wurde. In einer neu errichteten Milchsammelstelle werden täglich bis zu 350 Liter Milch pasteurisiert und der Bau einer ersten Mini-Molkerei ist fast abgeschlossen. Es wurden mehrere Kooperativen sowie ein Milchwirtschafts-Verband mit funktionierendem Vorstand gegründet, und die Frauen nehmen jetzt eine aktivere Rolle bei der Milchverarbeitung und -vermarktung, aber auch bei den Preisverhandlungen ein. Auch die ersten Milchkioske gibt es jetzt hier und die Verkäuferinnen und Verkäufer haben an Schulungen zu Themen wie Buchhaltung und Hygiene teilgenommen. Ich stelle mit Freude fest, dass die begleiteten Kooperativen von den Entwicklungen begeistert sind.

Der persönliche Austausch ist unersetzlich

Am nächsten Morgen heisst es für mich Abschied nehmen. Im Flugzeug zurück in die Schweiz beginne ich mit der Verarbeitung der unzähligen Eindrücke dieser ereignisreichen Woche. Wir haben während der Pandemie zwar gelernt, dass die Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg dank neuen Informationstechnologien immer einfacher wird. Aber wir haben auch gelernt, dass der für unsere Arbeit so wichtige persönliche Austausch mit unseren Mitarbeitenden vor Ort und den Menschen, für die wir uns engagieren, unersetzlich ist. Auch wenn es kitschig klingt: Ein Handschlag kann wichtiger sein als eine E-Mail und ein Lächeln mehr aussagen als manche Zahlen.

Viehzüchter Mahamadou Koita vor seinem Feld mit Futterpflanzen.
Wir fördern in Mali den Erhalt der einheimischen Zebu-Rinder.
Christian Wirz im Gespräch mit Mitgliedern einer Kooperative in Korhogo.

«IMPFEN FÜR AFRIKA» 2022

Zum 17. Mal in Folge führt Vétérinaires Sans Frontières Suisse dieses Jahr die Spendenkampagne «Impfen für Afrika» durch.

Vom 9. bis 14. Mai 2022 spenden Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte während einer Woche einen Teil oder den gesamten Erlös aus den Einnahmen der bei ihnen in der Praxis durchgeführten Impfungen und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Weiterführung unserer wichtigen Arbeit in acht Ländern Afrikas.  

Dank dem Engagement von knapp 90 Schweizer Tierarztpraxen und Virbac Schweiz AG, dem Exklusivsponsor der Kampagne, durfte Vétérinaires Sans Frontières im letzten Jahr im Rahmen von «Impfen für Afrika» 49 000.– Franken erhalten – ein Rekord, welcher vollumfänglich der Arbeit von VSF-Suisse zugutekommt! Wir danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, unserem Sponsor, und allen, die sich unermüdlich für diese Kampagne einsetzen von ganzem Herzen!

Werden auch Sie Teil dieser Erfolgsgeschichte – wir freuen uns auf Sie!

Mehr Informationen zu Teilnahme und Anmeldung finden Sie unter www.vsf-suisse.org/impfen

Spendenkonto

PC 30-24633-4
IBAN CH78 0900 0000 3002 4633 4
www.vsf-suisse.org/spenden

Text: Christian Wirz, Philipp Hayoz
Bilder: Christian Wirz

 
TYPO3 Agentur