Editorial
Corona bei Haustieren – ein steiniger (Labor-)Weg zur Einsicht
«Vor dem Hintergrund der aktuellen Coronavirus-Pandemie führen wir eine Untersuchung durch zur SARS-CoV-2 Infektion bei Haustieren. Da Sie mindestens ein Haustier besitzen und Sie oder Ihr Haustier positiv auf das Coronavirus getestet worden sind, fragen wir Sie an, ob Sie an diesem Projekt teilnehmen würden.» So der immer noch aktuelle Aufruf an Tierbesitzende, sich an einer laufenden Studie über SARS-CoV-2 bei Haustieren in der Schweiz zu beteiligen.
Bis wir so weit waren, waren etliche Hindernisse zu überwinden, wobei die Etablierung der entsprechenden Labortests für verschiedene Tierspezies am Veterinärmedizinischen Labor in Zusammenarbeit mit dem IVI noch zu den leichteren Übungen gehörte. Das BLV empfiehlt schon seit April 2020 und in Absprache mit der GST und der SVVLD (Newsletters), Tiere nicht generell auf SARS-CoV-2 zu testen, zumal das Testergebnis in der Regel keinen Einfluss auf Therapie und Prognose hat und die Gefahr besteht, dass positive Haustiere vernachlässigt oder ausgesetzt werden. Forschung im Veterinär- und One-Health-Bereich wurde aber durch das BLV, die UZH und nun auch BAG und BAFU unterstützt und die erste positive Schweizer Katze erlangte im November 2020 Berühmtheit in der Presse. Einen Übersichtsartikel über aktuelle Ergebnisse finden Sie in dieser SAT-Ausgabe.
Bis wir aber solche Untersuchungen durchführen durften, war eine Ausnahmebewilligung der UZH nötig, denn im Frühjahr 2020 mussten alle Forschenden ins Home-Office. Es brauchte eine Biosicherheitsmeldung, eine Tierversuchs- und eine umfangreiche Ethikbewilligung, da auch Personen in COVID-Haushalten und in tierärztlichen Praxen miteingeschlossen wurden mit dem Ziel, den Einfluss der Hygienemassnahmen im Umgang mit dem Tier auf die Infektionshäufigkeit zu erforschen.
Und wo stehen wir heute? Die Untersuchung auf SARS-CoV-2 bei Haustieren wird am Veterinärmedizinischen Labor weiterhin im Rahmen der Forschungsprojekte mit dem USZ und dem ZLM angeboten, oder wenn z. B. für ein Tier ein Reise-Attest benötigt wird (über Sinn und Unsinn hierüber lässt sich streiten). Es ist mittlerweile klar, dass sich doch einige Katzen und etwas weniger Hunde in COVID-Haushalten infizieren, aber nur wenige sind symptomatisch. Es ist äusserst schwierig zu beweisen, ob Haustiere Menschen anstecken können, da das Infektionsrisiko durch infizierte Mitmenschen i.d.R. viel grösser ist als durch Haustiere. Eine Reservoir-Bildung in Haus- und Wildtieren wird auch in Zusammenarbeit mit der Uni Bern untersucht, scheint aber zum Glück mindestens bisher eher weniger wahrscheinlich. Aber Coronaviren bringen im wahrsten Sinne des Wortes täglich Neues mit sich; sie mutieren, rekombinieren und es entstehen neue Varianten mit anderen Wirts- und Pathogenitätsspektren. Also forschen wir weiter und bleiben dran in der Hoffnung, in Zukunft besser vorbereitet zu sein und keine bösen Überraschungen (mehr) zu erleben.
Regina Hofmann-Lehmann, Präsidentin der SVVLD 2010–2021
Katja Reitt, Co-Präsidentin der SVVLD ab 2021