Journal Schweiz Arch Tierheilkd  
Verlag GST  
Heft Band 163, Heft 7,
Juli 2021
 
ISSN (print) 0036-7281  
ISSN (online) 1664-2848  
online seit 01 Juli 2021  
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Impfen für Afrika 2021 – Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte lindern Leid!

www.vsf-suisse.org

Vom 30. August bis 4. September 2021 führt VSF-Suisse zum 16. Mal die ­Kampagne «Impfen für Afrika» durch. Während dieser Woche sammeln Schweizer Tierarztpraxen die Einnahmen aus den bei ihnen durchgeführten Impfungen und spenden einen Teil oder alles davon an VSF-Suisse.

Die VSF-Suisse Programmverantwortliche für Ostafrika, Frédérique Darmstaedter, erklärt im Interview wofür die Spenden verwendet werden, weshalb die Unterstützung für die Menschen in Afrika gerade aktuell sehr wichtig ist und wie auch Sie Teil der Kampagne werden können.

Frédérique, was genau ist «Impfen für Afrika»?
«Impfen für Afrika» ist eine jährliche Spendenaktion, bei welcher Tierarztpraxen in der Schweiz die Einnahmen aus den bei ihnen durchgeführten Impfungen während einer Woche sammeln und einen Teil oder alles davon an VSF-Suisse spenden. Wir führen die Kampagne schon zum 16. Mal durch und es freut uns immer wieder zu sehen, wie viele der Tierarztpraxen schon zum wiederholten Male oder sogar schon seit Beginn dabei sind. Und natürlich freuen wir uns über jede Praxis, die neu dazu stösst!

Wie viele Tierarztpraxen machen bei der Kampagne mit?
Letztes Jahr waren es 92 Praxen, davon acht neue. Dieses Jahr hoffen wir, die magische Zahl von 100 zu erreichen! Und das nicht nur wegen der Spenden. VSF-Suisse ist als Organisation fest in der Schweizer Tierärzteschaft verankert und wir freuen uns über jedes neue Gesicht in unserem Netzwerk. Vom gegenseitigen Austausch profitieren wir alle. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle noch, dass wir mit der Virbac Schweiz AG seit Jahren einen verlässlichen und grosszügigen Sponsor an unserer Seite haben, der die Kampagne mit seiner Unterstützung überhaupt erst möglich macht.

Und was macht «Impfen für Afrika» im Vergleich zu anderen Spendenkampagnen speziell?
Wir sind eine tierärztliche Hilfs- und Entwicklungsorganisation. Viele unserer Mitarbeitenden in unseren Partnerländern sind also selbst Tierärztinnen und Tierärzte oder im weiteren veterinärmedizinischen Bereich tätig, wie z. B. unsere Kolleginnen und Kollegen, die auf Milchhygiene oder Hühnerzucht spezialisiert sind. Die Kampagne ist also nicht nur eine abstrakte Spendensammlung, sondern zeugt von der kontinentenübergreifenden Solidarität zwischen Berufskolleginnen und -kollegen in der Schweiz und in Afrika. Dieser Geist der internationalen Zusammenarbeit macht den Kern der Kampagne aus: Tierärztinnen helfen Tierärzten, Leid auf dieser Welt zu lindern. Unsere Schwesterorganisation in Frankreich nennt ihre Kampagne dementsprechend auch «Mon véto est un héros».

Welches Leid gilt es denn in Afrika zu lindern?
Das übergeordnete Ziel ist die Bekämpfung von Hunger und Armut. Die spezifischen Problematiken und unsere Ansätze unterscheiden sich jedoch von Land zu Land. Ganz grundsätzlich können wir aber unser Engagement in zwei Hauptbereiche unterteilen. Auf der einen Seite die langfristige und nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit, auf der anderen Seite die kurzfristige Leistung von Nothilfe in Krisensituationen. Ich kann hier aber nur für die zwei Regionen sprechen, in denen VSF-Suisse tätig ist: einerseits in den westafrikanischen Ländern Mali und Togo, andererseits am Horn von Afrika, also ganz im Osten des Kontinents, in Äthiopien, Dschibuti, Kenia, dem Südsudan und Somalia. Bei VSF-Suisse bin ich für letztere Region zuständig.

Was beinhaltet diese langfristige und nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit?
Die Weltbank schätzt, dass weltweit 500 Millionen der in Armut lebenden Menschen für ihren Lebensunterhalt ganz oder grösstenteils auf die Viehzucht angewiesen sind. Genau hier setzt unsere Arbeit an. Durch gesunde Viehbestände werden die Lebensgrundlagen der Menschen gestärkt. Wir arbeiten zum Beispiel häufig mit Hirtengemeinschaften zusammen, für welche gesunde Tiere gleich mehrere Funktionen erfüllen: Sie produzieren Nahrungsmittel wie Milch oder Eier und liefern Fleisch, Wolle, Leder und Dünger. Mit dem Verkauf solcher Produkte generieren sich die Familien ein Zusatzeinkommen, mit welchem sie sich Zugang zu wichtigen Dienstleistungen verschaffen können. Ein Beispiel hierfür sind die Kosten für einen Arztbesuch oder Medikamente, oder Schulgebühren für die Kinder. Zudem werden die Tiere als Zug- und Lastentiere verwendet und spielen eine wichtige kulturelle Rolle. Damit diese Tiere gesund und produktiv bleiben, unterstützen wir die Menschen mit tiergesundheitlichen Massnahmen.

Kannst du uns ein Beispiel für solche tiergesundheitlichen Massnahmen geben?
Wir führen zum Beispiel Entwurmungskampagnen in abgelegenen Regionen durch, wo es sonst keine tierärztliche Versorgung gibt. Ein anderes gutes Beispiel sind unsere Ausbildungen für Tiergesundheitshelfer/innen. Nachdem sie die Ausbildung absolviert haben, können sie sich selbstständig um die Gesundheit der Nutztiere ihrer Dörfer kümmern. So können Tierkrankheiten bekämpft werden. Gleichzeitig werden damit aber auch berufliche Perspektiven für junge Menschen geschaffen und eine zukünftige Abhängigkeit von externer Hilfe verhindert. Die Verbindung von tiergesundheitlichen und einkommensschaffenden Aktivitäten ermöglicht deshalb nachhaltige Wege aus der Armut.

Was können wir uns unter dem zweiten Bereich, der Leistung von Nothilfe, vorstellen?
Ich würde sagen, dass dies der schmerzhafteste, aber auch wichtigste Teil unserer Arbeit ist. Hier geht es um Menschenleben. Droht in einem unserer Partnerländer eine Krise, ist schnelle und effiziente Hilfe gefordert. Aktuell erleben wir genau so eine Situation: Am Horn von Afrika droht eine Ernährungskrise kritischen Ausmasses. Begonnen hat dies im letzten Jahr mit einer Invasion von Wüstenheuschrecken, die Vorräte, Ernten und Tierfutter weggefressen haben. In Äthiopien, Kenia und Somalia folgte einer schwachen Regenzeit dann eine Dürreperiode, welche die angespannte Situation zusätzlich erschwerte. Ohne Wasser gibt es keine Nahrung, weder für Menschen noch Tiere. Im Südsudan waren wiederum Überschwemmungen und die damit verbundenen Fluchtbewegungen der Bevölkerung für die prekäre Ernährungssituation mitverantwortlich. Zu diesen immer extremer werdenden klimatischen Faktoren kamen die wirtschaftlichen Auswirkungen der weltweiten Covid-19-Pandemie. Diese hat vor allem die ärmsten Bevölkerungsgruppen und Länder empfindlich getroffen. Diverse bewaffnete Konflikte verschärfen die Situation zusätzlich. Du siehst, am Horn von Afrika kommt momentan vieles zusammen. Laut der Plattform IPC, welche die Ernährungsunsicherheit in der Welt überwacht und klassifiziert, sind die Leben und Lebensgrundlagen von mehr als 15 Millionen Menschen in Äthiopien, Kenia, Somalia und Südsudan bedroht. Hier möchten wir mit unserer Nothilfe ansetzen.

Kannst du uns ein konkretes Beispiel geben, wie diese ­Nothilfe aussieht?
Gerne. Von all den erwähnten Ländern ist die Ernährungsunsicherheit im Südsudan momentan am gravierendsten und hat ein seit Jahren nicht mehr gesehenes Niveau erreicht. Die IPC-Prognosen rechnen mit 7,2 Millionen Menschen, welche bis Juli 2021 von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sein werden. Das sind 60% der Gesamtbevölkerung! Davon werden sich 100 000 Menschen bis Ende Jahr voraussichtlich sogar in einem Zustand der Hungersnot befinden. 1,8 Millionen Frauen und Kinder unter fünf Jahren sind dabei akut unterernährt und die Situation verschlechtert sich weiter. Als aktives Mitglied des UNO Food Security Clusters, einer Koordinationsstelle für die Ernährungssicherheit während einer humanitären Krise, wurde VSF-Suisse beauftragt, in drei der zehn Bezirke, die im Südsudan als am nächsten zur Hungersnot stehend eingestuft sind, zu helfen. So versorgen wir beispielsweise 83 000 Personen mit Kits für Gemüseanbau und Fischfang, um die Ernährung der betroffenen Familien mit nährstoffreichen Lebensmitteln zu ergänzen und Unterernährung zu reduzieren. Wer die Zahlen vergleicht, merkt aber sofort: Es muss noch mehr geleistet werden, um eine Katastrophe abzuwenden.

Um den Kreis zu schliessen: Inwiefern hilft hier «Impfen für Afrika»?
Ob langfristige Entwicklungszusammenarbeit oder Nothilfe, all die beschriebenen Massnahmen müssen irgendwie finanziert werden. Dies geschieht über projektgebundene Beiträge, die wir von nationalen und internationalen Organisationen erhalten, und über Spenden von Privatpersonen, Firmen oder Tierarztpraxen. Mit ihrer Teilnahme leisten die Schweizer Tierarztpraxen deshalb einen unschätzbar wichtigen Beitrag an unsere Arbeit. Wir sind sehr dankbar dafür und hoffen, dass noch viele weitere Praxen sich zu einer Teilnahme entscheiden.

Vielen Dank für diese interessanten Einblicke und viel Erfolg mit «Impfen für Afrika»!

Dürre ist nur eines der Probleme, mit welchen die Menschen am Horn von Afrika aktuell zu kämpfen haben. Angehöriger der Burana, ­Kenia.
© Tom Martin
Mitarbeitende von VSF-Suisse verteilen Kits für den Gemüse­anbau und Fischfang, um die ­Ernährung der ­Fami­lien mit nährstoff­reichen Lebensmitteln zu ergänzen und Unterernährung zu reduzieren. Südsudan, Mai 2021.
© VSF-Suisse
Mitarbeitende von VSF-Suisse verteilen Kits für den Gemüse­anbau und Fischfang, um die ­Ernährung der ­Fami­lien mit nährstoff­reichen Lebensmitteln zu ergänzen und Unterernährung zu reduzieren. Südsudan, Mai 2021.
© VSF-Suisse
Mitarbeitende von VSF-Suisse verteilen Kits für den Gemüse­anbau und Fischfang, um die ­Ernährung der ­Fami­lien mit nährstoff­reichen Lebensmitteln zu ergänzen und Unterernährung zu reduzieren. Südsudan, Mai 2021.
© VSF-Suisse
Mitarbeitende von VSF-Suisse verteilen Kits für den Gemüse­anbau und Fischfang, um die ­Ernährung der ­Fami­lien mit nährstoff­reichen Lebensmitteln zu ergänzen und Unterernährung zu reduzieren. Südsudan, Mai 2021.
© VSF-Suisse

«IMPFEN FÜR AFRIKA» 2021

Kampagnendaten:
Impfen für Afrika findet dieses Jahr statt vom 30. August – 4. September 2021.

Anmeldungen:
Mehr Informationen zu Teilnahme und Anmeldung für die Kampagne finden Sie unter
www.vsf-suisse.org/impfen

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

Spendenkonto
PC 30-24633-4
IBAN CH78 0900 0000 3002 4633 4
www.vsf-suisse.org/spenden

 
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