Verbandsnachrichten
Tagung «Brennpunkt Tierschutz»Abwägung der Interessen immer anspruchsvoller
An der Tagung «Brennpunkt Tierschutz» diskutierten Tierärztinnen und Tierärzte die Herausforderungen des Tierschutzes im Alltag und skizzierten mögliche Handlungsfelder.
Tierärztinnen und Tierärzte aus Amt und Praxis haben anlässlich der Tagung «Brennpunkt Tierschutz» am 21. März 2019 in Bern die verschiedenen Rollen und Handlungsfelder im Bereich Tierschutz beleuchtet. Auslöser war unter anderem der Fall Hefenhofen TG, welcher im Sommer 2017 in den Medien für grosses Aufsehen gesorgt hatte. Der Fall beschäftigte auch die Tierärztinnen und Tierärzte stark. Die Tagung «Brennpunkt Tierschutz», welche von der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) gemeinsam mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und der Vereinigung der Schweizer Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte (VSKT) organisiert wurde, ist ein wichtiger Schritt, die Zusammenarbeit zwischen Tierärztinnen und Tierärzten aus Amt und Praxis zu verstärken und so Risikofaktoren für Tierschutzfälle frühzeitig zu erkennen.
Der Schlüssel ist eine offene Kommunikation zwischen allen Instanzen
Die Tiergesundheit und das Tierwohl stehen für Tierärztinnen und Tierärzte an erster Stelle. Täglich muss der Spagat gemacht werden zwischen den Wünschen und Erwartungen der Kunden, den rechtlichen Bestimmungen und der eigenen Überzeugung. Allen Ansprüchen gerecht zu werden ist eine Herausforderung. Nach dem Motto «einander verstehen und voneinander lernen» beleuchteten Referenten aus Amt und Praxis die Handlungsfelder und mögliche Stolpersteine in Tierschutzfällen. Fachleute von der Kinderschutzgruppe der Universitätsklinik in Bern und der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) zeigten mit ihren Referaten die Parallelen des Kinderschutzes zum Tierschutz auf. Wichtig ist in allen Fällen, dass eine mögliche Gefährdung frühzeitig erkannt wird. Eine offene Kommunikation zwischen allen Instanzen ist der Schlüssel zur frühzeitigen Erkennung von Tierschutzfällen.
Die Frage, wann Tierleid beginnt, wie weit eine mögliche medizinische Behandlung gehen soll und wann eine Meldung beim Veterinäramt angezeigt ist, lässt sich allerdings oft nicht klar beantworten. Häufig stehen Tierärztinnen und Tierärzte vor der Frage, ob eine aufwändige Behandlung das Richtige ist oder ob ein Tier besser erlöst werden sollte. Solche Entscheide müssen zusammen mit den Tierbesitzern getroffen werden. Was aber, wenn sich Halter und Veterinär nicht einig sind? Kunden wenden sich in der heutigen Zeit sehr schnell an die Medien oder machen ihrem Unmut über eine tierärztliche Leistung in den sozialen Medien Luft. Damit müssen Tierärztinnen und Tierärzte umgehen können und sie benötigen dafür entsprechende Unterstützung von unabhängigen Stellen.
Eine weitere, in den vergangenen Jahren immer häufiger auftretende Problematik, sind die Hundeimporte. Der Handel mit Hunden im Internet boomt. Viele Tiere kommen illegal in die Schweiz, oft sind sie krank oder stammen aus Tollwut-Risikoländern. Die erste Anlaufstelle für die Hundebesitzer ist meist der Tierarzt, der aufklären und im schlimmsten Fall das Tier euthanasieren muss. Solche emotional fordernden Situationen auszuloten, war das Thema der Tagung. Sie zeigte, wie diffizil die Abwägung der Interessen von Mensch und Tier und damit Entscheidungen im Einzelfall sind.
Eine gemeinsame Basis für den Austausch schaffen
An der Tagung wurden Handlungsfelder skizziert, welche Tierärztinnen und Tierärzte für die Zusammenarbeit im Tierschutz als prioritär erachten. Zum einen wurde der Wunsch geäussert, die Früherkennung zu verbessern und die Tierärzteschaft vermehrt über die Handlungsoptionen in Tierschutzfällen zu informieren. Eine weitere Idee ist die Gründung einer Tierschutzgruppe mit dem Fokus auf einen aktiven Austausch zwischen den verschiedenen Beteiligten aus Amt und Praxis.