Vet-Info
Der Kälbergesundheitsdienst der Schweiz: Auf zu neuen Ufern!
Nach einer mehr als zweijährigen Vorbereitungsphase war es am 16. Dezember 2016 so weit: Der Verein Kälbergesundheitsdienst (KGD) wurde in Zürich gegründet. Im Zuge einer immer intensiveren öffentlichen Diskussion über den Einsatz von Antibiotika und die zunehmende Problematik multiresistenter Bakterien bei Nutztieren waren es letztlich die Produzenten von Kalb- und Rindfleisch, die dies ambitionierte Projekt initiierten.
In zahlreichen Diskussionen von Vertretern des Schweizer Kälbermäster-Verbandes (SKMV) und der Swiss Beef als Interessenverband der Rindermäster wuchs die Über
zeugung, dass eine langfristige und nachhaltige Entwicklung der Branche einen Paradigmenwechsel erfordert: Weg von der Therapie kranker Kälber, hin zur Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierwohls durch Umsetzung effektiver Präventionskonzepte – um damit einhergehend eine wesentliche Reduktion des Einsatzes von Antibiotika und der Aufzuchtverluste zu erreichen. Das klingt natürlich zunächst einfacher als es tatsächlich ist. Das war auch allen Beteiligten klar, die umgehend den Schulterschluss mit Experten an den tierärztlichen Fakultäten, HAFL, FiBL und dem Rindergesundheitsdienst suchten.
Zielvorgaben für die Umsetzung effektiver Präventionskonzepte
Es wurden im ersten Schritt Zielvorgaben erarbeitet, die mit Hilfe von einzelnen Modulen in der Praxis umgesetzt werden sollen. Dazu zählen:
- der Aufbau eines Kompetenzzentrums, deren Mitarbeiter Ansprechpartner für allfällige Fragen von Produzenten und Tierärzten sind, einen regelmässigen Newsletter für Produzenten und Tierärzte herausgeben, Projekte zu Fragestellungen zur Kälbergesundheit koordinieren und Öffentlichkeitsarbeit betreiben,
- Bestandesdiagnostik als Angebot an Betriebsleiter mit wesentlichen Problemen bei der Kälberaufzucht und -mast in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Hoftierarzt,
- systematische Auswertung von Mastdurchgängen im Hinblick auf Morbidität, Mortalität, Rezidivrate, Behandlungsschemata und Produktionsergebnisse,
- Weiterbildung von Produzenten und Bestandestierärzten zu Fragen der Prävention insbesondere im Hinblick auf Enteritiden, respiratorische Erkrankungen und Otitiden,
- Etablierung einer regelmässigen und flächendeckenden Bestandesbetreuung durch Vertragstierärzte des KGD, und zwar nicht nur für Kälber- und Grossviehmastbetriebe, sondern auch Geburts- und Mutterkuhbetriebe.
Gründungsversammlung wählte Präsident und Geschäftsführer
Die Gründungsversammlung hat Andreas Widmer, Vorstandmitglied von Swiss Beef CH, zum Präsidenten des Vereins KGD gewählt. Er führt in Eschenbach (LU) einen Betrieb mit Milchproduktion und Munimast. Der Vorstand des KGD wird Leistungsaufträge an die Geschäftsstelle erteilen, die unter dem Dach des Rindergesundheitsdienstes (RGD) arbeiten wird. Dr. Martin Kaske wurde zum Geschäftsführer des KGD bestimmt, zudem wird Dr. Corinne Bähler wesentlichen Input und Aufbauarbeit leisten.
Unterstützungsantrag an den Bund gestellt
Um die erforderlichen Finanzmittel für die nächsten sechs Jahre einzuwerben, wurde ein Antrag auf Unterstützung beim Bundesamt für Landwirtschaft gestellt, der gegenwärtig bearbeitet wird. Zusätzlich hat der Verein bereits zahlreiche Stakeholder aus den Bereichen Rinderzucht, Stallbau, Futtermittelindustrie und Vermarktung als Kollektivmitglieder und die Fondation Sur-la-Croix als überaus grosszügigen Gönner gewinnen können. Einem Start der Aktivitäten steht somit nichts mehr im Wege, die personelle Kapazität wird mit zunächst 2.5 Stellen jedoch knapp sein.
Der KGD soll bereits laufende Forschungsprojekte zur Verbesserung der Diagnostik («PathoCalf») und zur Verbesserung der Konstitution der Tränker auf dem Geburtsbetrieb («ImproCalf», «Colorispotop») begleiten und deren Ergebnisse unmittelbar in die tägliche Arbeit auf den Betrieben einfliessen lassen. Zudem wurden weitere Projekte im Kontext zur Kälbergesundheit beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) bewilligt, die einerseits zu einer Optimierung der Impfprophylaxe, andererseits in Zusammenarbeit mit Experten von Agroscope zu einer validen Beurteilung des Stallklimas führen sollen.
Enge Kooperation mit Bestandestierärzten
Das Konzept des KGD basiert dabei entscheidend auf einer engen Kooperation mit den Bestandestierärzten. Die angestrebte, möglichst flächendeckende Betreuung der Betriebe ist ohne Vertragstierärzte nicht möglich; als solche werden zunächst KollegInnen kontaktiert, die schon in den letzten Jahren besonders viel mit Mastbetrieben gearbeitet haben. Mit diesen werden im Rahmen regelmässiger Treffen Vorgehensweise, diagnostische Optionen und Präventionskonzepte abgestimmt und koordiniert. Die Vertragstierärzte werden dann im Auftrag des KGD Bestandesbesuche zusammen mit den jeweiligen Bestandestierärzten durchführen, um Konzepte für eine Verbesserung der Tiergesundheit und einen reduzierten Arzneimitteleinsatz zugeschnitten auf die jeweiligen spezifischen Verhältnisse auf dem einzelnen Betrieb zu erstellen. Die Umsetzung der Konzepte obliegt dann wiederum dem Bestandestierarzt, der auch weiterhin allein die Versorgung des Betriebes mit Medikamenten übernimmt.
Wir freuen uns auf eine konstruktive und produktive Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsdienst und Bestandestierärzten im Sinne einer Win-Win-Situation für Landwirte, Tierärzte – und natürlich für die Kälber.
Martin Kaske, Geschäftsführer Kälbergesundheitsdienst (KGD)