Editorial

Ein Dialektikversuch zu StAR… weil die Wahrheit oft zwischen den Fronten liegt

Die acht definierten Handlungsfelder im Strategiepapier zur Erhaltung der Wirksamkeit von Antibiotika bzw. zur Reduktion von Resistenzen reichen von der Überwachung, über den sachgemässen Antibiotika-Einsatz bis hin zur Bildung. Sie geben der Tierärzteschaft Unterstützung in der Umsetzung von sinnvollen Massnahmen.

Die Klein- bzw. Heimtiermedizin wird im Strategiepapier kaum explizit erwähnt, obwohl die Heimtiere durch den nahen Kontakt zu Menschen eine nicht vernachlässigbare Rolle in der Resistenzfrage spielen dürften.

Auf die Nutztiermedizin wird hingegen stark fokussiert. Die häufig zitierten rund 50 Tonnen Antibiotika sind und bleiben ein festsitzender Stein des Anstosses, wohl weil die Menge Antibiotika im gesellschaftlichen Verständnis mit der Menge resistenter Keime gleichgesetzt wird. Mittels des StAR-Handlungsfelds «Information» besteht die Chance, das Schwarz-Weiss-Denken aufzuweichen und die Komplexität der Resistenzproblematik aufzuzeigen.

Im Handlungsfeld «sachgemässer Antibiotika-Einsatz» ist die revidierte Tierarzneimittelverordnung anzusiedeln, die per 1. April 2016 in Kraft getreten ist. Sie stärkt die tierärztliche Kompetenz und unterstützt die gegenwärtige Tendenz zu einer weiteren Reduktion der Antibiotika- Einsätze. Dennoch gibt es Neuerungen, die gemäss meinem Wissenstand eine ungewisse Auswirkung auf die Resistenzsituation haben. Zum Beispiel wenn Cephalosporine durch Penicilline ersetzt und dadurch Tonnagen an Antibiotikahaltiger Milch – in Subdosierungen – an Kälber vertränkt werden. Ich bin zuversichtlich, dass StAR dazu beitragen wird, solchen Unklarheiten mit dem Handlungsfeld «Forschung» entgegen zu treten.

Handlungsfeld «Prävention»: Die in der Nutztiermedizin seit mehr als einem Jahrzehnt zelebrierte Bestandesbetreuung mit dem Ziel zur Erhaltung der Tiergesundheit benötigt Aufwind. Um diese in die Landwirtschaft zu integrieren, müssen die Erfolge ersichtlich, erforscht und gewinnbringend sein. Dazu sind nebst präventiven Massnahmen, Behandlungsleitlinien und praxisnaher Diagnostik flankierende, belastbare Daten zu Morbidität, Mortalität, Leistung, Produktequalität sowie Schlachtkonfiskate nötig. Damit können wir eine ganzheitliche Beratung anbieten und die Daten erlauben uns, das Tierwohl annäherungsweise zu objektivieren.

Viele von uns agieren schon lange im Sinne von StAR; nicht zuletzt wegen dem erhöhten Risiko der Tierhaltenden und uns Tierärzten selber, durch den Kontakt zu (behandelten) Tieren mit resistenten Keimen in Berührung zu kommen.

Werte Kollegen und Kolleginnen, gehen wir diesen Weg im Sinne von StAR weiter und hinterfragen unser Tun und Handeln regelmässig, um der Wahrheit und der «Wirksamkeit» möglichst nahe zu kommen.

Corinne Bähler
Mitglied GST-Vorstand